Die Diskussion um eine angemessene Steuer von Google in den 28 EU-Ländern geht weiter. So berichtet The Wall Street Journal, wonach angeblich Großbritannien (UK) nach den USA der zweitwichtigste Wirtschaftsmarkt für die Tochter der Alphabet Holding, von Google, sei.
Demnach setzte Google alleine in Großbritannien im Jahr 2015 circa 6,35 Milliarden Euro, beziehungsweise 7,07 Milliarden US-Dollar um. Allerdings halten sich Marktgerüchte hartnäckig, dass der Umsatz von Google in Deutschland deutlich größer sei und zwar möglicherweise bei circa 8,08 Milliarden Euro bis 8,98 Milliarden Euro liegen könnte.
Immerhin hat Großbritannien nur 60 Millionen Einwohner, Deutschland aber 82 Millionen. Zudem gilt die Marktdurchdringung von Google mit einem Anteil am Suchmaschinenmarketing in Höhe von 95% in Deutschland weltweit als spitze.
Doch so oder so kritisieren Parlamentarier sowohl in Deutschland wie in Großbritannien und anderen EU-Ländern, wonach Google zu wenig Steuern in der Europäischen Union abführe. So liege der Steuersatz von Google in Großbritannien derzeit bei rund 3%, berichtete kürzlich die Financial Times. Das The Wall Street Journal schrieb am 12. Februar 2016 wiederum (S. B1; Autoren: Jason Douglas und Sam Schechner), wonach Google kürzlich den überschaubaren Betrag von 130 Millionen Britischen Pfund, also 167 Millionen Euro Steuern habe nachbezahlen müssen.
167 Millionen Euro Steuern nachträglich für 10 Jahre bezahlt – ist das angemessen?
Diese Steuern entfielen rückwirkend auf zehn Jahre, also bis ins Jahr 2005, schrieb das The Wall Street Journal in einem weiteren Artikel der Ausgabe vom 29. bis 31. Januar 2016 (Seite A6). Die niedrige Steuernachzahlung habe „einen Aufschrei“ in Großbritannien hervorgerufen, da „viele der Meinung“ seien, wonach dies „bei weitem zu wenig“ sei.
Dies habe Googles Vizepräsident für Finanzen, Tom Hutchinson, gegenüber dem britischen Finanzministerium und einem Parlamentsausschuss, dem „Public Accounts Committee“, wiederum mit den Worten zitiert: Die in Großbritannien nachträglich nun bezahlte Steuer in Höhe von 130 Millionen Britischen Pfund sei die höchste im Ausland jeweils nachträglich überwiesene Steuer von Google. Außerdem decke sich die Google Steuer eindeutig mit britischem Recht: „Wir bezahlen die richtige Höhe an Steuern“, zitiert The Wall Street Journal Hutchinson.
Dem ergänzte Matt Brittin, der „Head of operations for Google in Europe, the Middle East and Africa“, dass die in Großbritannien bezahlte Steuer „akkurat die wirtschaftliche Bedeutung von Großbritannien für Google widerspiegele“.
Wie viel setzt Google in Deutschland um?
Dies kommentierte wiederum Peter Müller, Internetfachmann aus Frankfurt, mit den Worten, wonach er an Brittins Aussagen Zweifel habe: „Nimmt man den Google-Gewinn nach Inventionen 2015 in Höhe von geschätzten rund 14 bis 15 Milliarden US-Dollar (also 12,6 Mrd. Euro bis 13,5 Mrd. Euro) und der geschätzten rund 50% Rendite von Google vor Investitionen, müsste die Steuer für Google in den EU-Ländern deutlich höher ausfallen.“
Neben Google geraten andere US-Konzerne, wie Amazon, zunehmend in der EU unter Druck. So gibt es in dem 500 Millionen Bürger umfassenden Binnenmarkt immer stärkere Bemühungen, dass global agierende Konzerne dort ihre Gewinne versteuern, wo sie originär erwirtschaftet wurden. Immer mehr EU-Parlamentarier möchten nicht mehr akzeptieren, dass Rechnungen aus Steueroasen beispielsweise nach Deutschland geschickt werden, um Umsätze, die aber eigentlich aus Deutschland entstammen, künstlich doch ins Ausland zu verlagern.
Beispiel: Amazon-Geschäftspartner in Deutschland, die an Amazon Produkte verkaufen, welche später unter dem Label „Amazon“ an Verbraucher verkauft werden, müssen Rechnungen für Amazon mal nach Tschechien schicken, dann wieder an Luxemburg oder Irland.
Auch in Frankreich soll Google Steuern nachbezahlen
Neben Großbritannien steht Google in Frankreich wegen Steuerfragen im Fokus der Öffentlichkeit. Im Gespräch ist nach Angaben von The Wall Street Journal, dass Google in Frankreich mindestens 900 Millionen bis 1,17 Milliarden Euro, also 1 Milliarde bis 1,3 Milliarden US-Dollar Steuern, inklusive Strafen, rückwirkend an den französischen Staat überweisen solle. Dies hatte der französische Finanzminister bekannt gegeben. Dabei räumte der Minister ein, dass sich die französische Regierung derzeit in Gesprächen mit Google über die Steuerzahlungen befinde.
Wie Amazon verschiebt Google auch in Frankreich aus Steuervermeidung Umsätze künstlich ins Ausland. So schreibt The Wall Street Journal weiter, wonach französische Google-Kunden, die in Google Anzeigen schalteten, sogenannte Google Adwords, Rechnungen aus Irland erhielten. Google Adwords-Anzeigen werden nach Suchanfragen durch Verbraucher über den Suchmaschinen-Treffern eingeblendet oder rechts oder unter den Suchergebnissen.
Das bedeutet. Die in Frankreich von Hunderttausenden Unternehmen in Google geschalteten Werbeanzeigen müssten nach Angaben von The Wall Street Journal später in Irland bezahlt werden, beziehungsweise direkt in den USA. Allerdings sind solche Modelle bislang in der EU legal, geraten aber immer stärker unter Druck.
Google habe spezielle Sturkturen geschaffen, um Steuern zu vermeiden
Zu den Kritikern dieser praktizierten Umsatzschiebereien gehört beispielsweise Stewart Jackson, ein Mitglied der Konservativen Partei in Großbritannien. Er sagte laut dem The Wall Street Journal zu Google: „Ihr habt die Entscheidung getroffen, Steuern zu vermeiden und habt spezielle Strukturen geschaffen, um genau dieses zu tun.“
Entsprechend weiterer Angaben von The Wall Street Journal habe Google in Großbritannien auf seine Milliarden US-Dollar Umsatz in 2014 und 2015 während eines 18 Monate umfassenden Zeitraums (endend am 30. Juni 2015) insgesamt 46,2 Millionen Britische Pfund an Steuern bezahlt. Hinzu kämen weitere 13,8 Millionen Britische Pfund, die im Rahmen des nun bekannt gewordenen Steuer-Deals nachträglich überwiesen wurden.
Das Europäische Parlament schätzt im Rahmen seines Research Service, dass in den 28 EU-Ländern supranational agierende Konzerne, die meisten aus den USA, jährlich rund 44,9 Milliarden Euro bis 63 Milliarden Euro – also 50 Milliarden bis 70 Milliarden US-Dollar – Steuern durch Steuertricks in Steueroasen zu wenig bezahlen würden. Neben Google stehen Apple, Starbucks, McDonalds, Facebook, Microsoft, Western Digital oder Amazon hier besonders in der Kritik.
Beliebt bei Super-Konzernen: Verschieben von Umsätzen in „tax havens“
Allerdings nutzen supranationale Konzerne gerne eine doppelte Steuervermeidungs-Taktik. So schreibt The Wall Street Journal, dass Google zum einen Umsätze in den 28 EU-Ländern zwar in Irland verbuche, aber diese dann verschiebe und zwar in weitere Steueroasen („tax havens“), wie die Bermuda Inseln. Alleine im Jahr 2013 habe Google beispielsweise 8,84 Milliarden Euro (9,84 Milliarden US-Dollar) Umsatz aus EU-Ländern weiter an die Bermudas überwiesen.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) erklärte wiederum am 29. Januar 2016 in einem Artikel mit der Überschrift „EU interessiert sich für Googles Steuerabkommen“, wie Google Umsätze letztlich verbucht:
„Die Unternehmen leiten ihre im Ausland erwirtschafteten Gewinne zu großen Teilen in Offshore-Steueroasen um. Ein Grund dafür ist das amerikanische Steuerrecht: Steuerzahlungen auf Auslandsgewinne werden demnach erst dann fällig, wenn diese an die Muttergesellschaft in den Vereinigten Staaten ausgeschüttet werden.“
Auch in Italien hat Google die Steuerfahnder im Nacken
Neben Großbritannien und Frankreich sieht sich Google in Italien einem Steuerverfahren gegenüber. Alleine für die Jahre 2009 bis 2013 würden italienische Steuerfahnder Google vorwerfen, „insgesamt 227 Millionen Euro Steuern hinterzogen zu haben“.
Auch für Italien gilt: Mit Google Adwords oder Google Adsense erwirtschaftete Google-Umsätze verbuche nach Angaben der FAZ der Suchmaschinenmonopolist in Ländern wie den Niederlanden. Von dort würden sie dann weiter verschoben nach Irland oder die Bermudas. Weiter führt die FAZ aus: „Google wird vorgeworfen, in Italien eine ‚permanente, aber verheimlichte Organisation‘ zu unterhalten“.
Erst kürzlich hatte ein weiterer amerikanischer Superkonzern – und zwar Apple – an die italienischen Steuerbehörden nachträglich 318 Millionen Euro Steuern bezahlen müssen. Zudem liefen Steuerverfahren nach FAZ-Angaben im Land des Stiefels gegen Google sowie Western Digital.