Kritiker werfen der südafrikanische Regierung vor im Zuge der eingeführten Rentenreform die Steuerzahler angelogen zu haben. So titelte die führenden südafrikanische Tageszeitung „Weekend Argus“ am Sonntag den 31. Januar 2016 auf Seite eins: „Goverment ‚lied‘ on pension law“.
Konkret geht es darum, dass Oppositionsparteien der Regierung vorwerfen, sie habe die Steuerreform in Bezug auf private Rentenvorsorge – eine staatliche gibt es kaum – nicht ausreichend auch außerparlamentarisch debattiert. Die Steuerreform sieht in Südafrika vor, dass künftig Arbeitnehmer, die fürs Alter angespart haben, nicht mehr ohne weiteres an ihr Geld kommen. Vor allem für arme Südafrikaner ist dieses eine fundamentale Änderung.
So dürfen Südafrikaner künftig nur noch maximal ein Drittel der für die Rente angesparten Summe ab dem 55. Lebensjahr sich auszahlen lassen. Möglich ist dies in Form einer sogenannter lump-sump. Bislang konnten südafrikanische Steuerzahler selber komplett über ihr gesamtes Rentenerspartes verfügen.
Entgegen der Darstellung von Kritikern, behauptet die südafrikanische Regierung – sowohl der Präsident wie das Finanzministerium -, es habe vor Einführung der Steuerreform 15 Treffen mit Arbeitnehmer-Vertretungen, wie Gewerkschaften, aber auch Unternehmer-Gruppen oder kommunalen Vertretern gegeben. Stattgefunden hätten diese Gespräch wie vorgesehen in der Arbeitsgruppe des „National Economic Development and Labour Council“ (Nedlac).
Vielzahl von Treffen?
Dem halten Arbeitnehmer-Vertretungen entgegen, man könne sich an eine solche Vielzahl von Treffen mit Nedlac zur südafrikanischen Steuerreform nicht erinnern. Vielmehr sei die Renten betreffende Steuerreform in Form des „Tax Administration Laws Amendment Act“ sowie des „Tax Laws Amendment Act“ ohne vorherige Konsultationen einfach eingeführt worden. Die Arbeitnehmervertretungen Südafrikas sehen sich deshalb so vor den Kopf gestoßen, dass sie bereits mit landesweiten Streiks drohen.
Erstmals hatte die südafrikanische Regierung im Oktober 2012 verlautbart, sie denke über eine steuerliche Änderung der Auszahlung von Rentenbeiträgen nach. Üblicherweise werden in Südafrika steuerliche Gesetzesänderungen im regelmäßigen Nedlac Report publiziert.
Doch üblich ist es, dass vor einer solchen Publizierung und damit Öffentlichkeitmachung auch in Südafrika in unterschiedlichsten Gremien – vor allem direkt im Nedlac – über ein Für und Wider einer Gesetzesänderung debattiert wird.
Sozialausgleich ist wichtig in Südafrika
Diese Debatten sollen einen möglichst fairen Sozialausgleich zwischen den unterschiedlichsten Interessengruppen schaffen. Doch genau dieser Nedlac Report sei nun im Januar 2016 mit der steuerlichen Änderung der Renten einfach ohne Diskussion veröffentlicht worden, werfen Kritiker der Regierung vor. Dies habe den Konflikt zwischen südafrikanischen Arbeitern und der Regierung weiter verschärft.
Dem hält Nedlac-Sprecherin Kim Jurgensen entgegen, dass bislang überhaupt kein Nedlac-Report mit der Steuerreform in Bezug auf private Altersvorsorge in Südafrika veröffentlich worden sei. Berichte, die dieses behaupten, seien schlicht falsch.
Der südafrikanische Präsident Jacob Zuma wiederum lässt mitteilen, dass es gar „extensive Konsultationen über die geplante Steuerreform“ gegeben habe und zwar innerhalb der vergangenen zwei Jahre. Erst danach habe Zuma das Gesetz mit der Steuerreform unterschrieben. Offiziell bekannt seien bislang aber lediglich drei Treffen, schreibt wiederum die Zeitung „Weekend Argus“ aus Kapstadt.
Allerdings habe man in diesen Gespräche, sagte die Regierung, den Gewerkschaften oder kommunalen Vertretern lediglich mitgeteilt, dass es keine größeren Konsultationen über die Steuerreform geben könne, solange es keine fundamentale Änderung der gesamten Sozialgesetzgebung gebe. Doch könne man, argumentiert die Zuma-Regierung weiter, die Sozialgesetzgebung-Reform („Social Security Reforms“) noch nicht mitteilen, da man immer noch im Kabinett damit beschäftigt sei, diese zu skizzieren.
Künftig müssen zwei Drittel der Renten im Topf bleiben
Die Steuerreform in Südafrika sieht vor, dass Arbeitnehmer künftig zwei Drittel ihrer privaten Rentenersparnisse auf dem Bankkonto, beziehungsweise einem Rentenfonds, belassen müssen. Geld soll es künftig ausschließlich in Form von jährlichen Ausschüttungen ab dem 55. Lebensjahr steuerfrei geben. Zudem darf mit der Gesetzesänderung nur noch ein Drittel der Rente ab dem 55. Lebensjahr als Pauschalbetrag – also sogenannte lump-sum – ausbezahlt werden.
Wie es nun in Südafrika weitergeht, ist nicht klar. Sowohl die Gewerkschaft Cosatu (Congress of South African Trade Unions) als auch die Gewerkschaft der Metallarbeiter, die National Union of Metalworkers (Numsa) drohen bereits mit Streik. Sie fordern, dass die Arbeiter selbst entscheiden sollen, ob sie ab dem 55. Lebensjahr ihr Erspartes komplett steuerfrei ausbezahlt haben möchten oder in Form jährlicher Ausschüttungen und damit in Form einer weiteren Anlage in Rentenfonds.
Gleichzeitig sagen die Gewerkschaften, man sehe keinen Grund, warum man die generelle Änderung der Sozialgesetzgebung mit der nun vollzogen Steuerreform der Renten verbinden wolle. Beides seien, so die südafrikanischen Gewerkschaften, komplexe voneinander losgelöste Themen.
Rudert Regierung von Südafrika zurück?
Derweil ruderte die Regierung von Südafrika mittlerweile zurück und ließ verlautbaren: Die Steuerreform für Renten komme frühestens in zwei Jahren. Doch ob sie das Steuerpaket noch einmal diskutieren wolle, lies sie bislang offen. Gleichzeitig teilte die Regierung jedoch mit, die Rentenreform greife bereits zum 1. März 2016. Das neue Gesetz soll allerdings ältere Arbeitnehmer, also jene über 55, nicht tangieren.
Vielmehr greife das Gesetz für alle, versucht die Regierung die Gemüter zu beschwichtigen, die derzeit unter 55 Jahre alt seien. Auch greife das Gesetz nur solche Rentenersparnisse von Südafrikanern an, deren Erspartes mindestens bei 247.500 Rand liege, also bei 14.273 Euro. Man wolle, so die Regierung, Südafrikaner mit der Gesetzesänderung ermuntern, noch mehr als bislang fürs Alter zu sparen, sagte die Sozialgesetzgebungs-Gruppe „Old Mutual’s Hugh Hacking“.
Nedlac
Informationen zum 1994 gegründeten südafrikanischen Gesetzgebungs-Forum“National Economic Development and Labour Council“ (Nedlac) gibt es unter pa.org.za. Nedlac ist angehalten, sämtliche Sozialbesetzung, oder Gesetzgebung Arbeitnehmer oder die Unternehmen betreffend, mit sozialen Interessengruppen in einem freien Verfahren frühzeitig – und zwar bevor ein Gesetzentwurf dem Parlament vorgelegt wird – zu diskutieren.