Der US-Pharmabranche wird vorgeworfen, vorsätzlich überschüssige Medizin abzufüllen.
Der US-Pharmabranche wird vorgeworfen, vorsätzlich überschüssige Medizin abzufüllen.

In den USA würden jährlich Milliarden US-Dollar zu viel für Medizin ausgegeben, stellt nun eine Studie fest, welche im BMJ publiziert wurde, also dem früheren British Medical Journal. Als Ursache für die Geldverschwendung werden zu große Medikamentenpackungen genannt, welche die Pharmaindustrie herstelle und vertreibe. Besonders betroffen seien Krebsmedikamente.

Angeblich würden jährlich durch den Packungstrick Ärzte genötigt, zu viel Medizin zu verschreiben, die letztlich im Mülleimer lande, da sie nicht benötigt werde. Der Schaden liege alleine in den USA jährlich bei rund 3 Milliarden US-Dollar und zwar alleine im Bereich der Krebsmedikamente. Dies haben nun Forscher des Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York errechnet.

Besonders beliebt ist in der amerikanischen Pharmabranche scheinbar der Trick mit den zu großen Medizin-Flaschen. Hier ist das Verfallsdatum oft sehr knapp und die Dosis ist schnell überflüssig. Dies führ dazu, dass die Medikamente zwar von Patienten nach ärztlicher Verschreibung genommen werden oder verabreicht werden. Der Rest der Medizin jedoch, welchen die Patienten überhaupt nicht benötigen, verbleibt als überschüssig in der Flasche. Bezahlen müssen das die Krankenkassen oder die Patienten selber, sofern sie nicht krankenversichert sind.

Hohe Gesundheitskosten in den USA

In den USA entsprechen die Ausgaben für das Gesundheitssystem rund einem Sechstel des US-Bruttoinlandproduktes, also des BIP. Wie in Europa, so auch in den USA: Krebsmedikamente sind zwar in den vergangenen 10 Jahren deutlich effektiver geworden, aber auch entsprechend teurer. So gehören sie längst zu den teuersten Pharmaprodukten überhaupt.

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Der Hauptautor der neuen Medizinstudie, Dr. Peter B. Bach, sagte, er hoffe, dass die amerikanischen Regulierungsbehörden sich stärker als bislang des Problems der Übergrößen bei Medikamenten-Abfüllungen annähmen und Kosten im Gesundheitssystem reduziert werden.

Das Problem bestehe aber nicht nur in Medikamenten, welche direkt von Patienten genutzt würden, sondern auch von Ärzten in Krankenhäusern oder den klassischen Arztpraxen verabreicht würden. Auch hier gebe es zahlreiche Medikamente, welche von den Arzneimittelhersteller von vornherein zu umfangreich abgefüllt oder verpackt worden seien.

Bis zu 33 Prozent zu viel Medizin in den Packungen für Krebsmedikamente in den USA

Alleine im teuren Krebsmedizin-Segment habe man, sagten die Forscher, bei den Top-20-Medikamente in den USA zahlreiche Einzeldosisampullen ausgemacht, welche von vornherein zu umfangreich seien. So habe man im Rahmen der Studie festgestellt, dass bis zu 33 Prozent zu viel Medizin von den Pharmaherstellern abgefüllt worden sei, als tatsächlich benötigt werde.

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Das zu viel an Medizin lassen sich die Pharmaunternehmen entsprechend hoch bezahlen. Die Studie nennt einen Betrag von 1,8 Milliarden US-Dollar im Jahr und zwar nur für die Top-20 Medikamente der Krebsmedizin.

Durchschnittlich würden die Krebsmedikamente in den USA, rechnet die Studie weiter vor, rund 15.000 US-Dollar monatlich kosten. Als besonders negative Beispiele nennt die Studie beispielsweise Merck & Co. und dessen neues Melanom-Medikament Keytruda. Dies sei in den USA zunächst im Rahmen von 50 Milligramm Fläschchen verkauft worden. Doch habe das Unternehmen plötzlich auf die teureren 100 Milligramm Fläschchen umgestellt.

An Merck & Co. übt die Studie Kritik

Würde nun, so die Forscher, ein Patient 150 Pfund wiegen und er würde eine Dosis des Krebsmedikaments in Höhe von 140 Milligramm benötigten, würde der Switch von Merck & Co. hin zur 100 Milligramm Flasche eine Verschwendung von 60 Milligramm zu viel vorhandener Medizin bedeuten.

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Dieses zu viel an abgefüllter Medizin würde gleichzeitig die überschüssigen Kosten für das zu umfangreich verschriebene Krebsmedikament Keytruda bei dem Beispiel-Patienten von 500 US-Dollar auf 3.000 US-Dollar steigen lassen – pro Dosis.

Die Forscher stellen ferner fest, dass die Medizin-Menge in Europa von den dortigen Aufsichtsbehörden wesentlich besser reglementiert werde, als in den USA,

Ändern könnte die dubiose Abfüllpraxis von Medizin in den USA möglicherweise die Food and Drug Administration. Doch die hält bislang still. Sehr zum Ärger der Krankenkassen und Patienten. Denn diese müssen letztlich die überschüssig vorhandene Medizin bezahlen.

FDA solle handeln

Nach Meinung der Forscher könnte die Lösung des Problems recht einfach sein: Die FDA müsste die Pharmabranche einfach nur dazu verpflichten, pro Medikament mehrere unterschiedliche Dosierungen anzubieten. Damit könne man einem möglichst breiten Spektrum an Patienten die jeweils richtige Dosis an Medizin bieten und überschüssige Medizin vermeiden.

Besonders bei Krebsmedizin gilt häufig, dass ein geöffnetes Fläschchen maximal sechs Stunden nach Öffnung genutzt werden darf. Das soll die Sterilität des Medikaments gewährleisten. Umso wichtiger ist entsprechend, dass die Dosis pro Flasche möglichst passgenau für den Patienten ist.

Die FDA verteidigt ihre Stillhalte-Taktik bislang damit, dass sie angeblich nicht befugt sei, den Pharmaunternehmen vorzuschreiben, in welchen Packungsgrößen sie Medikamente zur Verfügung stellen müsse. Allerdings wolle die FDA künftig stärker als bislang den Pharmakonzerne „vorschlagen“, die Abfüllmenge von Medizin besser auf unterschiedlichste Patientenbedürfnisse abzustimmen.

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Von Frank

Frank faszinieren ausgefallene Geschäftsmodelle und Steuersysteme. Neben Russland interessiert er sich besonders auch für die Schweizer Steuermodelle oder jene in Südafrika. Kontakt über: frank.herrmann@steuerratschlag.eu

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