Weist die Vorwürfe der Geldwäsche-Beteiligung oder Steuerhinterziehung zurück: Mossack.
Weist die Vorwürfe der Geldwäsche-Beteiligung oder Steuerhinterziehung zurück: Mossack.

Dass Menschen in globalen Zeiten ihr Geld auch im Ausland anlegen, das ist das Grundprinzip der Wirtschaft. Dass sie sich dabei Briefkastenfirmen bedienen, ist ebenfalls eine seit über 100 Jahren praktizierte Realität.

Der Grund für viele Briefkastenfirmen liegt auf der Hand: Kein Investor kann in jedem Land, in dem er investiert, gleich eine teuer zu unterhaltende Filiale eröffnen. Wohl aber verlangen viele Länder eine Adresse mit Telefonnummer und einem Büro.

In Brasilien haben sich beispielsweise unzählige Rechtsanwaltskanzleien darauf spezialisiert, für rund 2000 Euro im Jahr ein Büro anzubieten und die Steuererklärungen gegenüber den brasilianischen Finanzämtern einzureichen. Mit Knowhow zur Seite steht dabei beispielsweise auch die Deutsch-Brasilianische Industrie-und Handelskammer.

Dass in dem angemieteten Büro dann häufig niemand sitzt, lediglich ein Computer neben dem Telefon steht, ist bekannte Praxis. Ermöglicht aber auch für nicht kapitalstarke Unternehmer global zu expandieren. Die Deutsch-Brasilianische Industrie- und Handelskammer schreibt dazu:

„Wir beraten Sie gerne persönlich zu einem Markteintritt in Brasilien und unterstützen Sie so qualifiziert bei Ihrem Vorhaben. Dank unserer 100 jährigen Erfahrung sowie unseres Know-hows im Aufbau von Geschäftskontakten, können wir kleine und mittlere Unternehmen bei ihrem Eintritt in den brasilianischen Markt optimal beraten.“

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Das Grundprinzip dahinter sind in vielen Fällen Briefkastenfirmen, ohne die ein Geschäft in Ländern wie Brasilien für Hunderttausende Kleinst-Unternehmer oder auch Jung-Unternehmer gar nicht möglich wäre.

Selbst wer vom Ausland aus eine brasilianische Domain reserviert und nicht direkt vor Ort sein kann oder möchte, muss entweder teuer eine Filiale mit Mitarbeitern einrichten, oder eben über eine Briefkastenfirma für die notwendige steuerliche Transparenz in Brasilien sorgen. Das alles ist legal und ermöglicht auch mit wenig Geld die Unternehmensgründung im Ausland.

Aufregung um Panama Papers

Die Aufregung um die Panama Papers – 214.000 Briefkastenfirmen sind dort aufgeführt – ist nach bisheriger Informationslage wahrscheinlich in den wenigstens Fällen gerechtfertigt.

Gerechtfertigt scheint sie aber beispielsweise im Falle des isländischen Regierungschefs, der im Rahmen des Bekanntwerdens der kritisierten Panama Papers zugeben musste, mittels einer Briefkastenfirma in Panama Gelder im Ausland geparkt, einige sagen auch, versteckt zu haben. Mittlerweile ist er auf Grund des Drucks im Land zurückgetreten.

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Bislang gibt es aber weder in Deutschland noch in den USA Fälle, in welchen bekannt geworden wäre, dass hier tatsächlich eklatant eine Briefkastenfirma genutzt worden wäre, um illegal Steuern zu hinterziehen. Nach wie vor ist es legal und sogar die Pflicht von Unternehmens-Gesellschaftern, alles zu tun, um ein Unternehmen nachhaltig gut aufzustellen, wozu eine Steueroptimierung in Zeiten von Hochsteuern gehört.

Selbst die Süddeutsche Zeitung, an welche ursprünglich die Panama Papers herangetragen worden waren und die es dann im Rahmen eines internationalen Netzwerks investigativer Journalisten weltweit veröffentlichte, sagt: In den meisten Fällen seien die in den Panama Papers bekannt gewordenen Unternehmen oder Persönlichkeiten rechtlich auf der richtigen Seite. Man könne ihnen nichts vorwerfen, weshalb man auch auf Grund von Persönlichkeitsrechten davon absehe, ihre Namen zu publizieren.

Dennoch: Ein EU-Kommissar hat nun Steueroasen damit gedroht, er könne sich vorstellen, solche Länder mit Sanktionen zu belegen. Man diskutiere derzeit auf EU-Ebene, welche Länder man auf eine möglicherweise „Schwarze Liste“ setzen könnte, sagte EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici, ein Franzose. So führte aus: „Wir… müssen bereit sein, sie (die Länder) mit angemessenen Sanktionen zu treffen, falls sie Veränderungen ablehnen“.

Zehnpunkteplan von Schäuble zu den Panama Papers

Derzeit kursiert zudem, wonach der deutsche Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) einen Zehnpunkteplan zur Eindämmung zumindest von illegalen Briefkastenfirmen sich überlegt habe. Im Zentrum stehe dabei eine globale Transparenzoffensive.

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In den Panama Papers sind insgesamt 214.000 Briefkastenfirmen bekannt geworden. Darunter sollen mehr oder weniger wohlhabende oder reiche Politiker, Unternehmen oder Sportler sein. Insgesamt hatte ein Unbekannter der betroffenen Anwaltskanzlei 11,5 Millionen Dokumente gestohlen – überwiegend wohl eMails, aber auch digital eingescannte Verträge. Die Befürchtung lautet nun: Viele Briefkastenfirmen könnten für Geldwäsche oder Steuerhinterziehung genutzt werden.

Doch bislang sind kaum konkrete Anhaltspunkte bekannt geworden, dass die Briefkastenfirmen in den Panama Papers tatsächlich für illegale Zwecke genutzt wurden. Im Gespräch ist Geldwäsche oder Steuerhinterziehung.

Putin kritisiert, man wolle in Russland von außen Unfrieden schaffen

Entsprechend kritisierte der russische Präsident Vladimir Putin die Panama Papers. Er sagte, er sehe vor allem einen Versuch, von außen Unfrieden in Russland zu stiften und den Eindruck erwecken zu wollen, als ob in Russland die Korruption rund um die russische Regierung Alltag sei. Mittels der Unterstellungen des Unterhalts von illegalen Offshore-Firmen rund um Vladimir Putin versuche der Westen, Russland „gefügiger zu machen“.

Schäuble möchte jedenfalls, dass künftig sich die Staaten dazu verpflichten sollten, grundsätzlich auch Hintermänner von Briefkastenfirmen behördlich zu nennen. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass zahlreiche Investoren in vielen ärmeren Ländern dieser Welt wohl eher nicht mehr investieren würden. Denn Geld ist bekanntlich scheu.

Um noch einmal auf das Beispiel des Kaufs einer brasilianischen Internet-Domain beispielsweise zum Betrieb eines E-Commerce-Geschäftes zu kommen: Brasilianische Internet-Domains dürfen grundsätzlich nur direkt über Brasilianer gehalten werden. Briefkastenfirmen gelten hier als gute Möglichkeit, dennoch auch als Ausländer eine brasilianische Domain zu kaufen.

Als Inhaber wird dann offiziell ein Rechtsanwalt genannt, der treuhänderisch die Domain hält. Nicht wenige Domain-Inhaber möchten aber auch gar nicht, dass bekannt wird, dass sie letztlich eine Domain halten. Die Gründe dafür sind vielfältig, können aber auch darauf beruhen, dass bestimmte Geschäftsleute oder Investoren einfach nicht persönlich präsent sein möchten und sich auf die Rolle des stillen Gesellschafters, der nicht unbedingt operativ die Fäden in der Hand hält, reduzieren.

Das Motiv für eine Briefkastenfirma ist in den meisten Fällen nicht Steuerhinterziehung oder Geldwäsche

Das Motiv ist dabei aber weder Steuerhinterziehung, noch Geldwäsche, sondern einfach nur das Bedürfnis nach Anonymität. Bislang galten solche Verhaltensweise deshalb als legal. Auch in Deutschland darf man notariell beglaubigt Anteile an einem Unternehmen halten, ohne dass man sich namentlich gegenüber Steuerbehörden mitteilen muss.

Es genügt, wenn die Firma, an welcher man Anteile hält, ordnungsgemäß ihre Steuern bezahlt und auch sonst behördlich gemeldet ist und die Geschäfte legal abwickelt. Haftbar ist der Geschäftsführer, sowie der im Handelsregister eingetragene Gesellschafter – selbst wenn dieser nur treuhänderisch für andere Gesellschafter Anteile hält.

Panama selber gab nun bekannt, man wolle mit einer Expertenkommission überprüfen, inwiefern über die beklagten Briefkastenfirmen tatsächlich illegales geschehen sein könnte und inwiefern die betroffenen Briefkastenfirmen legal seien.

Die deutschen Bundesländer sagte wiederum, sie forderten, dass künftig das Kreditwesengesetz dazu genutzt werde, um Banken stärker zu belangen, die systematischer Beihilfe zur Steuerhinterziehung ermöglichten. Gleichzeitig solle geprüft werden, ob künftig jede Beteiligung an und jede Geschäftsbeziehung zu Unternehmen aus Offshore-Staaten offengelegt werden müssten.

Bleibt nun das Bankengeheimnis endgültig auf der Strecke?

Zumindest Bankinstitute sollten hier möglicherweise künftig gesetzlich dazu verpflichtet werden, dass sie mitteilen müssten, wenn sie Kontakte zu Briefkastenfirmen vermittelten, fordern einige deutsche Bundesländer. Fakt ist aber auch: Die meisten Briefkastenfirmen werden über Anwaltskanzleien weltweit eingerichtet und die haben wiederum grundsätzlich eine anwaltliche Verschwiegenheitspflicht. Auch das Bankengeheimnis gehörte einstmals zu den hohen staatlichen Prinzipien und galt als Bürgerrecht. Bleibt auch dieses nun auf der Strecke?

Die Grünen kritisieren, wonach die deutsche Bundesregierung zu wenig tue, damit verhindert werde, dass auch Deutschland selber als Steueroase ausländischer Investoren genutzt werde. Hierbei kritisieren die Grünen die eingeschränkte Steuerpflicht bei der Quellensteuer im Falle von Personen oder Firmen, die zwar Bankkunden in Deutschland sind, aber als Steuerausländer geführt werden.

In den Fällen von Steuerausländern müssen die betroffenen Personen keine Steuern auf Zinsen bezahlen. Grund: Die deutschen Finanzämter gehen davon aus, dass in diesen Fällen dann die Steuern im Heimatland auf erwirtschaftete Gewinne – eben die Zinsen – bezahlt werden.

Grüne kritisieren Bundesregierung: Deutschland sei selber eine Steueroase für Steuerausländer

Dem deutschen Bundesfinanzministerium ist nicht bekannt, in welchem Ausmaß über solche Bankkonten in Deutschland Steuern nicht bezahlt werden. So sagte die Finanzexpertin der Grünen, Lisa Paus: „Die Wahrheit ist, Deutschland agiert gegenüber ausländischen Anlegern in Teilen selbst wie eine Steueroase.“

Neben dem isländischen Regierungschef ist auch der Vorstandsvorsitzende der Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank, Michael Grahammer, zurückgetreten. Zuvor war bekannt geworden, dass auch die Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank zu jenen Banken gehört, welche Klienten nach Panama vermittelt hatten. Die Bank gehört zu großen Teilen dem österreichischen Staat, weshalb der öffentliche Druck entsprechend groß geworden war.

Schon in der Vergangenheit hatte es Ermittlungen gegen Kunden der Hypo Vorarlberg gegeben mit dem Verdacht der Geldwäsche. Jetzt überprüft die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) die Panama-Geschäfte der Hypo. Allerdings erklärte der zurückgetretene Bankenchef Grahammer, alle vermittelten Finanztransaktionen nach Panama seien legal gewesen.

Kanzlei Mossack war von dem Deutschen Jürgen Mossack vor bald 40 Jahren in Panama gegründet worden

Die im Zentrum der Panama Papers stehende Anwaltskanzlei in Panama, die Kanzlei Mossack Fonseca („Mossfon“), erklärte, sie baue seit 40 Jahren Briefkastenfirmen auf. Sie selbst habe aber nie etwas illegales getan. Zudem sei die Entwendung der zahlreichen Geschäftsunterlagen der Anwaltskanzlei ein krimineller Akt. Der oder die Täter hätten dabei die Datenbank der Rechtsanwaltskanzlei gehackt, erklärte Ramón Fonseca Mora von Mossack Fonseca.

Außerdem führte Mora an, dass seine Kanzlei lediglich Firmen gründe, diese dann aber weiterverkaufe an Banken, Vermögensverwalter oder Rechtsanwalts-Kanzleien. Eine direkte Verbindung zu Endkunden habe man nicht.

Mossack Fonseca & Co beschäftig nach eigenen Angaben weltweit rund 500 Mitarbeiter und betreibe unter anderem Niederlassungen in Belize, den Niederlanden (EU), Costa Rica, Großbritannien (EU), Malta (EU), Hong Kong, Zypern (EU), auf den Britischen Jungferninseln, den Bahama Inseln, in Panama, Anguilla, den Seychellen, Samoa oder den US-Bundesstaaten Nevada und Wyoming.

Mossack war 1977 durch Jürgen Mossack und Ramon Fonseca gegründet worden. Jürgen Mossack selber ist Deutscher, wurde 1948 in Deutschland geboren und stammt ursprünglich aus Fürth. Bereits Anfang der sechziger Jahre wanderte er mit seiner Familie nach Panama aus.

Die Tatsache, dass der Gründer der gleichnamigen Anwaltskanzlei ein Deutscher ist, dürfte auch erklären, warum ausgerechnet eine deutsche Tageszeitung – die Süddeutsche Zeitung – jene ist, an welche die gestohlenen Mossack-Dokumente gesendet worden waren.

Panama verfolge eine Null-Toleranz-Politik in allen Bereichen des Rechts- und Finanzwesens

Das Präsidialamt von Panama erklärte zu den Panama Papers: „Die panamaische Regierung verfolgt eine Null-Toleranz-Politik in allen Bereichen des Rechts- und Finanzwesens, wo nicht mit einem höchsten Maß an Transparenz gearbeitet wird.“

Insgesamt 140 Politiker und hohe Amtsträger aus aller Welt sollen an Briefkastenfirmen beteiligt sein, welche im Rahmen der Panama Papers nun bekannt wurden. Angeblich sollen aber auch Namen von Spionen, Drogenhändlern oder anderen Kriminellen unter den Briefkastenfirmen-Inhabern in Panama sein. Zu den der möglichen Steuerhinterziehung Bezichtigten gehört unter anderem ein Mitglied des Fußball-Weltverbands FIFA und zwar Juan Pedro Damiani aus Uruguay.

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Von Elke

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