Haben als Symbol der Haupstadt ausgedient: Die Pyramiden.
Haben als Symbol der Haupstadt ausgedient: Die Pyramiden.

Wenn in Ägypten in früheren Jahrtausenden die Pharaonen die Hauptstadt verlegten, hatte das meist mehrere Gründe: Strategische, um geopolitisch besser das Land zusammenhalten zu können. Oder schlicht symbolische: Alles musste schöner, größer, mächtiger, symbolträchtiger werden.

Was nun den ägyptischen ehemaligen hochrangigen Militär und jetzigen Präsidenten Abdel Fattah Al Sisi bewogen hat, sich gegen den Moloch Kairo als auch künftige Hauptstadt Ägyptens zu entscheiden, darüber hat er sich nicht sonderlich geäußert. Doch muss er das auch nicht. Denn die Argumente liegen auf der Hand:

Ägypten hat als islamisch geprägtes Land mit seiner hochspannenden und Jahrtausenden alten Tradition keine Lust mehr, architektonisch als Dritteweltland wahrgenommen zu werden. Auch wenn sich der im Jahr 2011 gestürzte ehemalige ägyptische Machthaber Muhammad Husni Mubarak, 88, gerne als Modernisierer gab, so muss man posthum doch sagen:

Bis auf dass es ihm gelang, Ägypten einen würdigen und nachhaltigen Platz als Touristen-Land in der Welt zu geben, kann man von dem nur 1,70 Meter großen Mubarak nicht gerade behaupte, er habe sein Land in die Moderne geführt. Dieses Defizit an Visionen kostete ihn letztlich auch seinen Job als Präsident, den er immerhin seit 1981 innehatte.

Dieses Mubaraksche Desaster vor Augen mag Al Sisi bewogen haben, schon in früher Zeit seiner Regentschaft zu erkennen: Ohne Visionen, in Stein gehauen, wird sich die ägyptische Bevölkerung nicht lange mit der jetzigen politisch instabilen Situation abgeben.

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Da Kairo in 5000 Jahren gewachsen ist, können dort großvisionäre architektonische Pläne nicht mehr umgesetzt werden. Deshalb ist Al Sisis Plan, auf dem Reisbrett einen Neuanfang für die Moderne zu wagen, durchaus klug. Einige sagen auch, es sei noch klüger, dass er sich aus der über Jahrzehnte dauernden Umklammerung des Westens – zu Erst der Briten, dann der USA – nun weiter befreit.

Reich der Mitte investiert in Afrika seit Jahren

Denn als Geldgeber für das neue Kairo, beziehungsweise die neue Hauptstadt Ägyptens, wählte der ägyptische Machthaber die Chinesen. Das Reich der Mitte ist seit Jahren massiv dabei, in Afrika zu investieren.

Während der Westen Afrika immer noch primär als eine Ansammlung gefallener Staaten ansieht, als herausgebrochene Zacken seiner in Jahrhunderten so brutal und kriminell der Welt übergestülpten Kolonialmacht, agiert China hier ganz anders: Als von Gleich zu gleich. China stellt sich nicht über die Afrikaner, um Macht zu demonstrieren.

China mischt sich auch nicht in Libyen oder Tunesien, Algerien oder Simbabwe ein. China macht das, was es ebenfalls in Jahrtausenden seiner eigenen Geschichte gelernt hat: Beurteile und Verurteile nicht andere Staatssysteme und Staatslenker, sondern mache, wo es sich anbietet, Geschäfte. Nicht mehr und nicht weniger.

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Dass China seine 40 Milliarden Euro für den Bau der neuen ägyptischen Hauptstadt nicht als Geschenk sieht, dürfte auch Al Sisi klar sein. Denn zu verschenken hatte China noch nie etwas. Dies mussten auch die Briten während der Zeit ihrer verbrecherischen Kolonialzeit lernen. Selbst der niederträchtige britische Opiumkrieg gegen China konnte das Kaisersystem nicht ganz zum Zusammensturz bringen – wenngleich es gefährlich nahe daran war.

China und Ägypten – das sind zwei Länder, die nicht nur ihre gemeinsame Vergangenheit unter britischer Kolonial-Besatzung eint. Vereint sind beide Länder in ihren beinahe absolutistisch regierten Ländern. Wirklich frei sind die Bürger weder in China, noch in Ägypten. Doch sind die Länder frei genug, um nach kapitalistischem Vorbild wirtschaftlich wachsen zu wollen.

700 Quadratkilometer umfasst die neue ägyptische Haupstadt östlich von Kairo

Auf 700 Quadratkilometern, umgerechnet 270 square miles, soll die neue ägyptische Hauptstadt mitten in der Wüste hochgezogen werden, kündigte Al Sisi erstmals 2015 an.

China unterstützt den Bau der neuen Hauptstadt, 30 Kilometer östlich von Kairo, nicht nur mit Geld, sondern seiner geballten Erfahrung im Hochziehen von auf dem Reisbrett geplanten Großstädten. Das Know-how ist in der „China State Construction Engineering Corp.“ gebündelt.

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Bis heute haben sich allerdings weder Ägypten, noch China detailliert zu der Art und Weise der Kooperation geäußert. Bekannt ist allerdings, dass die „China State Construction Engineering Corp.“ zu den größten Bauunternehmen der Welt gehört.

In der ägyptischen Regierung ist Bauminister Mostafa Madbouly für das Großbauprojekt verantwortlich. Er sagte schon einmal vorsorglich, wonach die ägyptische Regierung dafür sorgen werde, dass kein Hindernis zu groß sei, als dass es nicht beseitigt werden könne, um den Traum von einer neuen Hauptstadt wahr werden zu lassen.

Neben architektonischen Spielereien dürfte Ägyptens Regierung sich gleichzeitig einem besonderen Symbol für Umsturzversuche und das brutale Agieren des Staates entledigen: Dem weltberühmten Tahir-Platz, gelegen direkt am rechten Nil-Ufer von Kairo.

Al Sisi selbst ist erst seit 2013 an der Macht. Zwar hatte zuvor ebenso Mubarak immer wieder angekündigt, er wolle mit Megaprojekten Ägypten in die Zukunft führen, doch bis auf dass die Bauten der Altvorderen mit enormen Aufwand weltweit beachtet und beklatscht restauriert wurden, ist nicht viel geschehen.

Platz für sieben Millionen Menschen

Die neue Hauptstadt Ägyptens soll Platz haben für bis zu sieben Millionen Menschen. Dabei sollen einerseits Wolkenkratzer in einem Business-Area entstehen – die es in Kairo bislang nur sehr sporadisch gibt. Andererseits sollen aber auch Wohngebiete für die normale Mittelklasse geschaffen werden. Groß soll zudem der neue Flughafen der künftigen modernen Hauptstadt werden. Im Gespräch ist, dass dieser leicht die Ausmaße von London-Heathrow schlagen könne. Der bisherige Haupstadtflughafen von Kairo ist in die Jahre bekommen und gilt nicht mehr als sehr sicher.

Für China, da sind sich alle Beobachter einig, wird die Beteiligung an der Finanzierung und dem Bau der neuen ägyptischen Hauptstadt ebenfalls ein Meilenstein sein. Vor allem für den relativ neuen chinesischen Staatschef Xi Jinping ist es eine gute Möglichkeit, der Welt die globalen Machtansprüche des Weltreiches China zu präsentieren. Ganz ohne westliches Säbelrasseln durch militärische Omnipräsenz.

Das Motto von Chinas Führung lautet dabei: „One-Belt-One Road“. Erinnern soll dies an die einstige Macht der Seidenstraße, welche vor Jahrhunderten vom Reich der Mitte ausging. Auch damals positionierte sich China als Handels-Weltmacht, nicht als Militär-Weltmacht.

Zusätzlich zu Afrika ist China als Großbaumeister im Mittleren Orient aktiv, sowie in Asien. Neben der „China State Construction Engineering Corp.“ wird China seine große Staatsbank, die „Asian Infrastruktur Investment Bank“ in Ägypten mit an den Start zur Vollbringung der neuen ägyptischen Hauptstadt bringen.

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