Wer Aktien von Ölkonzernen wie Shell, BP, ExxonMobil, Gazprom, Rosneft oder Petrochina hat, braucht seit Jahren gute Nerven: Die Aktienbewegungen sind immens und die wenigsten Unternehmen im Energiesegment können dauerhaft einen Aufwärtstrend verzeichnen.
Der Grund für die starken Aktienschwankungen im Energiesektor ist bekannt: Die drastisch gesunkenen Ölpreise. Was für die Verbraucher und die Gesamtwirtschaft gut ist, ist es nicht für die Rendite. Doch wer Nerven hat, kann derzeit bei den Energie-Riesen der Welt zu sehr guten Konditionen einsteigen. Denn viele Unternehmen, so auch der niederländisch-britische Konzern Shell, straffen ihre Struktur, sparen Kosten, um mittelfristig auf der Habenseite wieder ein dickeres Plus zu verzeichnen.
So gab jetzt Royal Dutch Shell PLC bekannt, wonach weitere 2200 Jobs im Laufe des Jahres 2016 gestrichen werden. Allerdings sind die Stellenstreichungen nicht nur dem Umstand der Ölkrise zuzuschreiben. Vielmehr hatte Shell kürzlich die BG Group mit seinen 4600 Arbeiternehmern übernommen. Immerhin hatte das Unternehmen für die Übernahme 50 Milliarden US-Dollar an die Anteilseigner der BG Group überwiesen. Die gewaltigen Investitionen müssen nun wieder eingespielt werden – auch auf Kosten der Mitarbeiter.
Insgesamt wird Shell Ende 2016 bis zu 12.500 Arbeitsplätze im Rahmen seines Struktur- und Sparprogramms gestrichen haben.
Auch wenn die Ölkonzerne ihre Muskeln derzeit straffen: Fast alle heute an den Aktienmärkten notierten Ölgiganten, so auch Royal Shell, sind seit über 100 Jahren Weltkonzerne. Dabei waren diese nie zimperlich, wenn es um Wachstumsstrategien ging. Kein Wunder, dass die reichsten und profitabelsten Unternehmen der Welt seit Jahrzehnten die Ölkonzerne sind. Dies dürfte auch noch einige Jahrzehnte so bleiben.
Gegenüber dem amerikanischen „The Wall Street Journal“ erklärte Paul Goodfellow, Vizepräsident bei Shell für die Länder United Kingdom (U.K.) und Irland in einer E-Mail-Stellungnahme: „Dies sind harte Zeiten für unsere Industrie und wir müssen weitere schwierige Entscheidungen treffen, um sicher zu stellen, dass Shell wettbewerbsfähig bleibt während des anhaltenden Abwärtstrends.“
Hintergrund Ölpreis
Schon 2009 hatte Jürgen Doetsch geschrieben, wonach die reine Förderung von Rohöl im Schnitt nur 7,70 Euro pro Barrel koste. Nicht in diesem Preis berücksichtig seien durchschnittliche, reine Förderkosten und auch keine Verzinsung des eingesetzten Kapitals, sowie die staatlichen Abgaben an die Förderländer.
Bereits damals, vor sieben Jahren, verwies Doetsch darauf, wonach die Deutsche Bank berechnet habe, dass der Ölpreis pro Barrel unter 20 US-Dollar, also 15 Euro, fallen könne. Genug Zeit also, dass sich die erfolgs- und machtverwöhnte Ölbranche auf sinkende Preise hätte einstellen können.
Der aktuelle Ölpreis liegt Ende Mai 2016 bei 49,25 US-Dollar, umgerechnet bei 43,50 Euro. Zuletzt lag der Ölpreis im Jahr 2008 auf diesem Niveau. Allerdings hatte er sich seither relativ schnell wieder auf einen Wert von über 100 US-Dollar, umgerechnet 88,22 Euro, festigen können. Der Absturz kam, als die Schieferförderung in den USA an Fahrt zugelegt hatte, das sogenannte Hydraulic Fracturing, bekannt als Fracking. Nicht wenige Analysten sagen aber, der Absturz sei gerechtfertigt gewesen, da die Ölpreise über Jahre Dank diverser Ölkartelle überteuert gewesen seien.