Die deutsche Bundesregierung ringt derzeit um eine gemeinsame Basis für eine Erbschaftssteuerreform. Vor allem für den Mittelstand, aber auch Deutschlands Großaktionäre von Konzernen, steht viel auf dem Spiel.
Schon heute gerät Deutschland in zahlreichen Bereichen vor allem der Digitalisierung immer weiter in die Defensive. Dennoch gilt auch das: Die Reichen werden, wie in vielen Industriestaaten der Welt, auch in Deutschland immer reicher. Dem steht entgegen, dass die Armen immer ärmer werden, auch Deutschlands Mittelschicht kann kaum Vermögen aufbauen. Das Vermögen ist also extrem ungleich verteilt.
Kürzlich kam auch die Schweizer Business School IMD in ihrem jährlichen Ranking zu dem Urteil, wonach Deutschlands Wirtschaft mittlerweile sogar aus den Top-10 der wettbewerbsfähigsten Länder weltweit gerutscht sei. Als Grund wird unter anderem die Steuerpolitik Deutschlands genannt.
Neben der Körperschaftssteuer steht auch die deutsche Erbschaftssteuer im Fokus. Um letztere diskutierten seit Monaten CDU/CSU und SPD und planen eine Erbschaftssteuerreform. Bereits vor einem Jahr wendeten sich acht der größten deutschen Wirtschaftsverbände in einem gemeinsamen Brief an die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD. Darin verwiesen sie darauf, dass die Erbschaftssteuerreform darauf achten solle, dass Unternehmen auf Grund einer zu hohen Erbschaftssteuer in ihrer Existenz gefährdet werden könnten.
Vor allem Deutschlands Mittelstand, also die Masse der kleinen und mittleren nicht börsennotierten Unternehmen, hat dazu geführt, dass Deutschland die 2008 aufkommende und in den USA ausgelöste Weltwirtschaftskrise viel besser überstehen konnte, als zahlreiche andere Länder.
Bereits 2015 warnten die Verbände
Bereits im Juli 2015 hatten die folgenden Verbände davor gewarnt, durch eine überzogene Reform im Erbschaftsrecht von Unternehmen den Mittelstand, aber auch in Familienhänden liegende Konzerne in ihrer Existenz zu gefärden: Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), der Zentralverband des Deutschen Handwerks, der Bundesverband Deutscher Banken, der Handelsverband Deutschland, der Bundesverband der Deutschen Industrie, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände sowie der Bundesverband Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen.
Ihre Kritik, die auch heute noch aktuell ist, zielt im wesentlich darauf ab, dass beim bisherigen Entwurf des Bundestages das Betriebsvermögen insbesondere von kleineren Unternehmen als zu hoch veranschlagt angesehen worden ist:
Nach dem bisherigen Entwurf von CDU/CSU und SPD galt, dass, wenn ein Unternehmen den Wert von 26 Mill. Euro überschreite, die Erben sich einer Überprüfung des eigenen auch privaten Vermögens unterziehen sollen. Doch genau das könne dazu führen, dass zu optimistisch Vermögen beurteilt würden, so die Verbände. Besonders bei Anlagevermögen in Aktienpaketen müsse beispielsweise berücksichtigt werden, dass Vermögen hier leicht um zwei Drittel innerhalb weniger Monate oder Jahre nach oben oder unten schwanken könnten.
Deshalb, so die Verbände, könne „eine zu hohe, nicht marktgerechte Bewertung“ dazu führen, dass es „ in der Praxis zu zahlreichen Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung“ kommen könne.
Dies gelte vor allem deshalb, da zahlreiche Unternehmen auf Grund der Niedrigzinspolitik im Verhältnis zu ihrem Vermögen und Gewinn eigentlich betriebswirtschaftlich zu hoch bewertet würden. Heißt: dass auch in den Unternehmensbewertungen also eine ähnliche Blase drohe, wie am Immobilienmarkt in Deutschland.
Bewertungen von Unternehmen: Droht Blase wie im Immobilienmarkt?
Die tendenziell derzeit zu hohen Bewertungen von Unternehmen führten dazu, dass im Mittelstand zahlreiche Betriebe die 26 Millionen Euro Bewertungsgrenze knacken würden. Dies liege eben daran, dass die derzeitigen hohen Unternehmensbewertung mit der Realität der Unternehmen bezüglich der Umsätze und Gewinne nicht in Einklang zu bringen seien.
Besonders bei der Bewertung der Zinsschwankungen am Kapitalmarkt fordern die Verbände, dass diese ausreichend berücksichtigt werden sollten. So schlagen sie vor, dass bei der Unternehmensbewertung der anzuwendende Basis-Zinssatz mittels eines Jahresdurchschnitts von mindestens fünf Jahren anstatt des Jahreswerts ermittelt werden solle.
Die Erbschaftssteuerreform in Deutschland geht die Bundesregierung vor allem deshalb an, da das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe der Auffassung ist, dass die bisherige Regelung unfair gegenüber den Normalbürgern sei.
So müssen Deutschlands Normalbürger bereits ab einem Bruttojahreseinkommen von rund 53.000 Euro den Höchststeuersatz auf jeden Euro bezahlen, der über diesen 53.000 Euro liegt – also 42% Einkommenssteuer.
Die hohe Besteuerung von Normalbürgern in Deutschland ist einer der Gründe, weshalb die Deutschen trotz eines im EU-Vergleich überdurchschnittlich hohen Bruttoeinkommens netto am wenigsten Geld übrig haben. So verfügen die Deutschen Normalbürger im Schnitt über weniger Pro-Kopf-Vermögen, als die Spanier, Italiener, Griechen oder Franzosen, sagt eine Studie der OECD.