Obwohl erst wenige Tage einige Regionen in Deutschland von starken Regenfällen und Sturmtiefs heimgesucht worden sind, wagt der Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) eine waghalsige sehr frühe Prognose:
So schätze der GDV, wonach Deutschlands Versicherungen angeblich die von den Unwettern betroffenen Bürger oder Betriebe „voraussichtlich mit rund 450 Millionen Euro“ entschädigen würden. Dies sei das Ergebnis einer „vorläufigen Schadenschätzung“. Wie die Schätzung zu einem solch frühen Zeitpunkt seriös zustande gekommen sein möchte, darauf geht der Versicherungs-Verband nicht näher ein. Denn viele Bürger und Betriebe werden noch Wochen benötigen, ehe sie selbst den Schaden überhaupt überblicken, welchen sie dann an die Versicherungen wieder melden.
Jedenfalls zählt der GDV auf, dass – sofern Häuser, Hausrat, sowie Gewerbebetriebe und Autos versichert seien – Schäden über die jeweiligen abgeschlossenen Versicherungen beglichen würden. In den 450 Millionen angeblich zu zahlender Versicherungsgelder seien aber „Unwetterschäden der darauffolgenden Tage, etwa in Niederbayern und Nordrhein-Westfalen“ noch nicht enthalten.
Das bedeutet, der GDV scheint vor allem in Baden-Württemberg in die Kugel zu schauen und die dort ausgemachten Schäden als Basis für seine Versicherungs-Schätzung zu nehmen.
In diversen Ortschaften Baden-Württembergs hatte das Unwetter „Elvira“ durch starke Regenfällen und Überschwemmungen teils erhebliche Schäden an Häusern, dem Hausrat, Straßen, Gärten oder den Autos verursacht.
Während Autos über Teilkasko oder Vollkasko-Policen versichert sind, greift für Häuser oder Wohnungen eine Elementarschadenversicherung, sofern man diese abgeschlossen hat. Sie ist ein optionaler Baustein zur Hausrat- und Wohngebäudeversicherung, welche auch vor den finanziellen Folgen durch Rückstau, Erdbeben, Erdsenkung, Erdrutsch, Schneedruck, Lawinen oder Vulkanausbrüchen schützt – nicht aber unbedingt vor steigendem Grundwasserspiegel und einem daraus in Häusern resultierenden Schaden.
Kein Versicherungsschutz bei Kriegshandlungen
Grundsätzlich kein Versicherungsschutz besteht in den normalen Hausratsversicherungen bei Kriegshandlungen, weshalb es elementar sein kann, ob beispielsweise ein Terroranschlag als Kriegshandlung eingeschätzt wird oder nicht.
Zwar gebe es, führt der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft weiter aus, bereits seit dem Jahr 1995 keine Pflicht mehr, dass Immobilienbesitzer eine Elementarschadenversicherung abschließen. Allerdings hätten in Baden-Württemberg sowieso rund 95% der Immobilienbesitzer eine Elementarschadenversicherung im Rahmen ihrer Hausratsversicherung abgeschlossen.
In Deutschland seien nach Aussagen des GDV über 99 Prozent der Gebäude problemlos gegen Elementarschäden versicherbar. Selbst die verbleibenden 1 Prozent „besonders gefährdeter Häuser“ könnten fast alle über höhere Selbstbehalten oder nach individuellen baulichen Schutzmaßnahmen versichert werden.
Der GDV stellt trotz der vorbildlichen Versicherungsquote in Baden-Württemberg dennoch fest, dass gesamtdeutsch betrachtet nur 60% der Hausbesitzer sich gegen Elementarschäden an ihren Häusern versichert hätten. 40% verzichteten also folglich darauf.
Deshalb hätten Verbraucherschützer, Versicherungswirtschaft und Landesregierungen in acht Bundesländern und zwar in Bayern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, Brandenburg, Saarland und Thüringen gemeinsame Informationskampagnen für mehr Schutz gegen Naturgefahren gestartet, also auch mehr Versicherungsschutz.
„Wichtig ist das Zusammenspiel von staatlichem und kommunalem Hochwasserschutz“
Der GDV zitiert in seiner Pressemeldung den Vorsitzenden der GDV-Geschäftsführung Jörg von Fürstenwerth mit den Worten: „Versicherungen allein verhindern keine Katastrophe. Wichtig ist das Zusammenspiel von staatlichem und kommunalem Hochwasserschutz, individuellen Präventionsmaßnahmen am Haus sowie erweitertem Versicherungsschutz“.
Seit Jahren nehmen weltweit auf Grund des Klimawandels Naturkatastrophen mit Milliarden-Schäden zu (siehe auch Berichte von steuerratschlag.eu). Besonders betroffen sind bislang Regionen wie die USA, Pakistan, China, aber auch zunehmend Europa.
Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts werden sich wohl, sagen Wissenschaftler, Naturkatastrophen verdoppeln. Dies bedeutet: Wer sich gegen Schäden, hervorgerufen durch Naturkatastrophen, nicht versichert, handelt letztlich fahrlässig.
Das Problem liegt häufig aber auch direkt in den Kommunen und deren verantwortlichen Gemeinde- oder Stadträten. Denn zahlreiche Dörfer oder Städte tun sich immer noch schwer, rechtzeitig ihre Einwohner und deren Besitz mit ausreichendem Hochwasserschutz zu versorgen.
Sachsen gilt als besonders hochwassergefährdet
In klassischen Hochwasser-Gebieten, wie Sachsen, sind in den vergangenen Jahren einige Ortschaften in Kritik geraten wegen mangelnder baulicher Schutzmaßnahmen gegen Hochwasser. Hinzu kommt das Problem des chronisch hohen Grundwassers.
Vor allem Regionen wie Leipzig verfügen selbst in der Innenstadt über einen ganzjährig hohen Grundwasserspiegel. Dies bedeutet, dass Wasserschäden nicht nur durch überlaufende Flüsse und Bäche entstehen, sondern häufig die Häuser über Nacht durch einen drastisch steigenden Grundwasserspiegel vom Keller her unter Wasser gesetzt werden können – selbst wenn das Haus weit weg von Bächen oder Flüssen steht.
In der Leipziger Innenstadt kann man in diversen Häusern im Keller problemlos durch ein relativ kleines nur 50 Zentimeter tief gebohrtes Loch bereits Grundwasser sehen. Starke Regenfälle lassen dieses Wasser sehr schnell ansteigen. Kommen nun noch Unwetterkatastrophen hinzu, lässt sich nachvollziehen, warum auch der GDV sagt: In gefährdeten Regionen müsse man künftig damit rechnen, dass sich vor allem Hochwasserkatastrophen alle 25 Jahre wiederholten.