Nach monatelangen Verhandlungen hat sich nun die CDU/CSU- und SPD-Bundesregierung in Berlin auf eine neue Basis für das Erbschaftssteuerrecht in Deutschland einigen können.
Ein wichtiger Paradigmawechsel gilt dabei dem bisherigen Bewertungsmaßstab für Unternehmen. So galt bislang zur Berechnung der Erbschaftssteuer der voraussichtliche Gewinn in den nächsten 18 Jahren.
Das bedeutet: Dass also zur Bewertung des Unternehmens der Gewinn mal 18 berechnet wurde und daraus folgend eine Schätzung, wie hoch die Erbschaftssteuer sein könnte.
Allerdings galt die Regel 18 Mal den Gewinn in der Realwirtschaft schon lange als äußerst strittige Messgröße. Denn nach wie vor gilt in der Realwirtschaft die Faustregel, dass der Unternehmenswert sich maximal am 6 bis 8-fachen Jahresgewinn orientiert. Kaum ein Investor ist bereit, darüber hinaus einen Preis zu zahlen. Eine Ausnahme gilt in der Regel nur dann, wenn sich das zum Verkauf stehende Unternehmen in der New Economy befindet, also an zukünftigen Geschäftsfeldern und Marktanteilen baut.
Immerhin: Nach dem Willen der CDU/CSU- und SPD-Koalition soll künftig als Maßstab zur Ermittlung des Firmenwertes der Jahresgewinn maximal 10 bis 12 Mal gerechnet werden – was immer noch eine sehr gewagte hohe Bewertung ist und für die meisten Mittelständler, die ihr Unternehmen verkaufen möchten, kaum zu erreichen wäre.
Entsprechend des Wunsches der CSU werden künftig nur Unternehmen der Erbschaftssteuer unterzogen, deren Betriebsvermögen bei über 26 Millionen Euro je Erbfall liegt. Diese Unternehmen machen zwar statistisch gesehen nur gut 1% aller deutschen Unternehmen aus, doch stemmen diese dafür einen Großteil der über 42 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland.
Unternehmen, welche über ein Betriebsvermögen von mehr als 26 Millionen Euro verfügen werden künftig einer Bedürfnisprüfung unterzogen. Hier muss der Erbe nachweisen, ob ihn die Zahlung der Erbschaftsteuer überfordern oder nicht überfordern würde.
Nachteil bei diesem Verfahren: Stimmt der Erbe einer Bedürfnisprüfung zu, so muss er sein Privatvermögen offen legen. Hängt also ein teures Gemälde im Keller, ist auf dem Dachboden versteckt oder ziert das Wohnzimmer, kann dieses zu 50% zur Besteuerung herangezogen werden.
Bezahlt ein Firmenerbe die Erbschaftssteuer aus dem Privatvermögen, kann er die Steuerschuld zehn Jahre lang zinslos stunden lassen.
Das Abschmelzungsverfahren
Kompliziert klingt das sogenannte „Abschmelzungsverfahren“. Es greift dann, wenn das Privatvermögen im Falle einer Unternehmens-Erbschaft privat bleiben soll.
Grundsätzlich sieht die Regel vor: Je größer das Unternehmensvermögen, desto größer ist der Teil des Betriebsvermögens, welcher potentiell besteuert werden müsste. Allerdings möchte der Gesetzgeber auch nicht, dass die finanzielle Erblast dann so hoch wird, dass Teile des Unternehmens verkauft werden müssten, um die Steuerlast überhaupt stemmen zu können. Deshalb haben sich die Gesetzesmacher folgendes einfallen lassen:
Ist der Unternehmenswert nach Schätzungen bei über 26 Millionen Euro, greift ein sogenannter Verschonungsabschlag. Das bedeutet: Die Steuerlast wird pro 750.000 Euro, die ein Übernehmen über die 26 Millionen Euro an Wert geschätzt wird, um 1% reduziert.
Diese Regel gilt allerdings dann wiederum nicht, wenn der Unternehmenswert die Grenze von über 90 Millionen Euro erreicht hat. Eine Steuererleichterung wird in allen Fällen gewährt, wenn der Erbe für mindestens 5 bis 7 Jahre verspricht, das Unternehmen und seine Arbeitsplätze zu halten.
Für den Fall, dass ein Erbe zwar eine Firma erbt, aber er oder sie operativ nicht mitsprechen darf, also im Testament eine Verfügungsbeschränkung erlassen ist, gilt, dass ein Abschlag auf den Firmenwert von maximal 30% verfügt werden kann.
Diese Steuerregel kann aber nur dann geltend gemacht werden, wenn der Vererbende in seinem Testament dies mindestens zwei Jahre vor dem Tod so verfügt hat. Dies gilt ebenso für den Fall einer Unternehmens-Schenkung. Letzteres ist vor allem im Mittelstand eine immer häufiger anzutreffende Lösung für den Fall, dass beispielsweise der Unternehmer oder die Unternehmerin keine eigenen Kinder hat.
Anzahl Mitarbeiter von 20 auf vier bis fünf abgesenkt
Galt bislang wonach Firmen, welche nicht über 20 feste Mitarbeiter beschäftigen, dass diese grundsätzlich keine Erbschaftssteuer bezahlen mussten, so wird diese Grenze nun auf Firmen mit bis zu fünf Mitarbeitern gesenkt.
Das heißt: Auch Kleinstfirmen müssen bereits mit einer Erbschaftssteuer rechnen. Möglich könnte diese Regelung sein, da man verhindern möchte, dass hohe Vermögenswerte in Holdings mit nur wenigen Mitarbeitern geparkt werden. Grundsätzlich müssen Saisonmitarbeiter in Kleinbetrieben zur Berechnung einer möglichen Erbschaftssteuerpflicht nicht berücksichtig werden.
Außerdem gilt, dass 10% des Verwaltungsvermögens pauschal erbschaftssteuerbefreit sind. Ebenfalls nicht als Vermögen der Erbschaftssteuer zugerechnet werden dürfen Rücklagen aus der Betrieblichen Altersvorsorge oder verpachtete Grundstücke. Zudem sind pauschal bis zu 15% der liquiden Mittel eines Unternehmens zumindest steuerbegünstigt. Damit möchte der Gesetzgeber sicherstellen, dass ausreichend Cash in der Unternehmenskasse bleibt.
Nach wie vor ist eine Holding eine gute Option, sofern darin internationale Beteiligungen gebündelt werden. Im Falle einer Erbschaft wirkt dieses sich steuerbegünstigend aus, sofern die Beteiligungen der Holding außerhalb der Europäischen Union liegen.
Steuerlich günstig wirken sich auch Mittel aus, die der Unternehmer in den vergangenen 24 Monaten vor seinem Tod für Investitionen in das Unternehmen zweckgebunden zurückgelegt hat.
Um Steuer-Tricks besser vorzubeugen, soll zudem künftig gelten, dass grundsätzlich eine Erbschafts- oder Schenkungssteuer fällig wird, wenn das nicht begünstigte Verwaltungsvermögen 90 Prozent des gesamten Betriebsvermögens überschritten hat.