Indien hat ein Bruttosozialprodukt (BIP), welches auf dem Niveau von Thailand liegt. Und das, wo Indien eines der größten Länder der Welt ist.
Besonders mangelt es in Indien nach Klage des Staates aber immer noch an Steuerehrlichkeit. Am 30. September endete nun eine Amnestie für alle, die freiwillig ihre Steuererklärung nachträglich vollständig abgeben.
Nach groben Schätzungen der indischen Regierung würden gerade einmal um die 1% der Inder ihre Steuererklärung vollständig an die Finanzämter übermitteln. Das liegt nicht nur am weit verbreiteten Analphabetismus, sondern am Volkssport Steuerhinterziehung.
Doch nicht alle machen dies aus Spaß. Viele tun es, da die Armut in den Familien schlicht existenziell ist und ein Verdiener halbe Dörfer mit finanzieren muss.
Doch: Die indische Regierung beklagt, wonach ihr jährlich gut 20% des BIP verloren gehe, da die Umsätze oder sonstigen Einkommen und die darauf zu zahlenden Steuern nicht korrekt angegeben würden.
Typischerweise, schreibt RFI aus Frankreich, verhalte es sich mit der Steuerehrlichkeit in Indien folgendermaßen:
Beispielsweise führe der Betreiber eines Restaurants häufig zwei Haushaltsbücher: Eines, in dem sämtliche schwarze Geldflüsse – Einnahmen und Ausgaben – notiert würden.
In einem weiteren Haushaltsbuch würden dann die Gelder angegeben, die man dem Steuerinspektor vorlege. In dem zweiten Haushaltsbuch würden aber traditionell so wenig Umsätze wie möglich bilanziert, um entweder behaupten können, man arbeite mit Verlust oder eben mit so geringen Gewinnen, dass kaum mehr Steuern darauf zu entrichten sind.
Inder bezahlen auch große Summen für den Autokauf oder Hauskauf gerne in bar
Dass in Indien Steuerhinterziehung immer noch recht einfach ist, liegt am weit verbreiteten Hang der Inder auch große Summen in bar zu begleichen.
Wer ein Auto oder Haus kaufe, so RFI, tue dies häufig cash. Dabei werde jedoch regelmäßig nur ein Teil offiziell bar bezahlt. Der andere Teil gehe für den Empfänger steuerfrei unterm Tresen auf dessen Habenseite. Eine Praxis, die aber weltweit praktiziert wird (auch in Deutschland).
Während einer Razzia an der Universität Bangalore kam es nun zu einem weiteren Steuer-Showdown: Die Polizei fand dort 6 Millionen Euro in bar. Der Verdacht: Dabei handele es sich möglicherweise um Studien-Anmeldegebühren, die aber unter der Hand und am Finanzamt vorbei gebunkert worden seien.
Die nun Ende September ausgelaufene Steuer-Amnestie in Indien sieht vor, dass wer nachträglich zur Steuerehrlichkeit zurückkehrt und seine Steuern doch noch korrekt bezahlt, auf jeden hinterzogenen Geldbetrag eine Spitzensteuer von 45% bezahlen muss. Im Gegenzug verspricht die Regierung solche Steuerzahler komplett frei von Geldbußen sowie einer Strafverfolgung zu stellen.
Bereits 2015 hatte die indische Regierung ein ähnliches Steuer-Amnestieprogramm aufgelegt. Damit hatte sie 400 Millionen Euro Steuern nachträglich verbuchen können.
Steueramnestie alleine scheint in Indien nicht der Heilsbringer
Einig ist man sich in Indien mittlerweile, dass die freiwilligen Ansätze, hinterzogene Steuern nachträglich im Rahmen einer Steueramnestie zu bezahlen, langfristig nicht ausreichen werden.
Grund: Zu viele Inder würden das Program nicht Ernst nehmen und meinen: Im nächsten Jahr gibt es ja wieder eine Amnestie für nachträgliche Steuerehrlichkeit.
Hinzu kommt: Korruption ist in Indien, wie in vielen Ländern der Welt, sehr weit verbreitet. Doch auch hier ist oftmals weniger der schlechte Charakter der Menschen Schuld, sondern sehr niedrige Gehälter auch für Steuerinspektoren. Deshalb hält man gerne mal die Hand auf, wenn man noch im Vorbeigehen etwas mitnehmen kann.
Zwar ist Indien Lichtjahre davon entfernt auch nur im Ansatz daran zu denken, den Hunderten Millionen armen Indern Kreditkartenzahlungen aufzuzwingen (was für die Kreditkarten-Ausgeber sowieso ein Desaster wäre; Stichwort: Kreditkartenbetrug, beziehungsweise credit card fraud).
Dennoch lautet nun der Plan: Stück für Stück für den Einsatz mit Kreditkarten bei den Indern zu werben. Die Hoffnung ist, dass die Geldflüsse in Indien zumindest etwas transparenter werden.
Hilfreich könnte der in Indien langsam wachsende Onlinehandel sein. Denn hier sind Kreditkartenzahlungen weit verbreitet. Doch auch das gibt es, ähnlich wie in Polen: Dass die Bürger zwar online ihre Wahre bestellen, aber dann doch in irgendeiner Filiale in bar bezahlen.
Zumindest ist hier Steuerbetrug etwas erschwert, da es Bestellspuren im Internet gibt.