Es ist eine Debatte, welche es in Deutschland bislang eher nicht gibt: Dass sich eine Aufsichtsbehörde an der angegebenen Portionsgröße für Lebensmittel anstößig zeigt. Dies erlebt derzeit der italienische Ferrero-Konzern, welcher gerne über Riesengläser zu mehr Nutella-Konsum auf dem Frühstückstisch verführt.
Was Nutella als leckeren Brotaufstrich weltweit vertreibt, ist aus Sicht der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA, also der Food an Drug Administration, eine Gefahr für die Gesundheit, sofern der Konsum nicht mit Bedacht erfolgt.
So kritisiert die US-Aufsichtsbehörde, dass Nutella bislang in den USA eine Portion Nutella-Aufstrich mit zwei Esslöffeln angab. Dies hat allerdings eine längere Geschichte:
Anfang der 1990er Jahre war Nutella in den USA als Brotaufstrich zum Frühstück eher unüblich und unbekannt. Damals, 1991, nutzten nur 8% der Amerikaner Nutella fürs Frühstück und 27% verwendeten die Schokoladen-Paste, welche zu einem Großteil aus Palmöl besteht, als süße klebrige Soße auf Eis und andere Nachspeisen.
Das bedeutet: Nach Ansicht der FDA sei Nutella vor bald 30 Jahren eher ein Beiwerk zu einer wichtigen Speise gewesen, eben des Nachtisches, aber nicht mehr. Deshalb habe man auch die angegebene Portionsgröße als höher akzeptiert, als jetzt.
Doch nun, kritisieren die Gesundheitspolitiker, sehe man Nutella als eine Hauptspeise direkt zum Frühstück – einer der wichtigsten Mahlzeiten des Tages überhaupt.
Hier dürfe es nicht sein, so die FDA, dass der Ferrero-Konzern durch große Portionsangaben die erheblich größer seien, als man sie von Marmelade kenne, Kinder und Erwachsene regelrecht dazu verführe, gesundheitsschädliche Kalorien in sich hineinzumampfen.
Erst vor zwei Jahren, am 17. Mai 2014, hatte Ferrero groß den 50-Jährigen Geburtstag von Nutella in Alba, Norditalien, gefeiert und damit auch den weltweiten Siegeszug:
Immerhin gibt es Nutella mittlerweile in gut 50 Ländern der Welt – von Italien über Deutschland, von Russland bis nach Kanada, den USA bis zu den Vereinigten Arabischen Emiraten. Überall steht Nutella auf dem Frühstückstisch als verführerische Süßware zu Brot oder Brötchen.
Die US-Bundesregierung verweist darauf, dass sie als Gesundheitsbehörde verpflichtet sei, nicht nur die Zusammensetzung von Lebensmitteln zu überprüfen, sondern ebenso die angegebenen und damit indirekt empfohlenen Portionsgrößen.
Zwar versuchte Ferrero die FDA zu überzeugen, dass eine Portion von Nutella überlicherweise nicht mehr sei, als Verbraucher dem Marmeladeglas oder Honigglas entnehmen, doch möchten Gesundheitspolitiker dem nicht folgen:
Es sei offensichtlich, argumentieren sie, dass man auch mit Riesengläsern Nutella eindeutig Kinder und Erwachsene zu mehr Konsum der Süßwarenpaste verführen wolle, ebenso mit einer zu großen Portionsangabe.
Das oberste Ziel der FDA ist es, den Konsum an Kalorien und Fett auch auf dem Frühstückstisch zu reduzieren. Denn die USA leiden, wie viele Länder im Westen, an einem zu hohen Anteil Übergewichtiger oder Fettleibiger, also unter Adipositas leidender Menschen. Das kostet den Staat Umsummmen für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung.
Ist eine Portion Nutella ein oder zwei Esslöffel?
Bereits in Großbritannien, Frankreich und Australien hat sich Ferrero bereit erklärt, die angegebenen Portionsgrößen in Gläsern zu reduzieren und zwar entsprechend eines Esslöffels.
Neben Nusscreme achtet die FDA auf 139 Lebensmittel-Produktkategorien und deren Gesundheitsgehalt sowie die Art und Weise, wie diese Produkte im Handel an die Verbraucher abgesetzt werden. Darunter sind Cookies, Brötchen, Kaffee, Trockenteigwaren, Butter, Obstkonserven oder Tofu.
Dass Nutella bislang recht ungeschoren in Riesengläsern mit großen Portionsangaben auf die Frühstückstische der Vereinigten Staaten von Amerika gelangen konnte, lag daran, dass sich die FDA 1993 dazu entschieden hatte, dem damaligen Slogan von Ferrero zu folgen, man biete primär eine Süßware an, welche der Garnitur von Desserts diene.
Nutella wird unter anderem aus Zucker, Palmöl, Haselnüssen, Kakao, Milch, Lecithin und Vanillin produziert. Der italienische Konzern Ferrero ist auch Anbieter der „Kinderschokolade“ und zahlreicher anderer Süßwaren.
Keine Garnitur für Desserts mehr – das ist das Problem
Der weltweite Marktanteil von Ferrero an Schokoladen-Haselnusscreme liegt bei 25%. US-Konkurrenten wie Hershey Co. oder JM Smucker Co. haben deutlich geringere Marktanteile.
Das Gesundheitsministerium FDA gibt in seiner RACC-Portionsrichtlinie, also der „Reference Amounts Customarily Consumed“-Richtline vor, in welcher Art und Weise Produkte beworben werden dürfen und in welcher Portionsgröße Angaben wie zu Fett oder Zuckergehalt gemacht werden dürfen.
Wer beispielsweise mit zuckerfrei in den USA wirbt, für den gelten die RACC-Standards: „‚Sugar Free‘: weniger als 0,5 g Zucker pro RACC und pro markierter Portion (oder für Mahlzeiten und Hauptgerichte, weniger als 0,5 g pro markierter Portion)“.
Mehr unter: fda.gov/Food/GuidanceRegulation.