Ob Anheuser-Busch InBev oder Google: Immer mehr Staaten wenden sich gegen Steuertricksereien, so auch Südafrika.
Ob Anheuser-Busch InBev oder Google: Immer mehr Staaten wenden sich gegen Steuertricksereien, so auch Südafrika.

Johannesburg – Südafrika ist einer von 31 Staaten – darunter Deutschland – welches multinational tätigen Großkonzernen Steuertrickserei schwerer machen möchte. Deshalb hat das Schwellenland nun ein entsprechendes Steuerabkommen unterzeichnet. Dies berichtet die Sunday Times aus Südafrika (vom 31. Januar 2016, Seite 6; Autorin: Ann Crotty).

Das Ziel des Abkommens ist es, dass vor allem amerikanische Großkonzerne, die Großmeister in der Steuerdrückerei sind, endlich auch in jenen Ländern Steuern bezahlen, in welchen sie Umsätze und Gewinne erwirtschaften und oftmals auch sehr reich geworden sind.

Derzeit gehen Steuerschätzer davon aus, dass die Steuertrickserei von Großkonzernen die Staaten jährlich um 100 bis 240 Milliarden US-Dollar Steuern bringt. Als einzige der großen Industriestaaten weigerten sich die USA sowie China das multinationale Steuerabkommen zu unterzeichnen. Im Falle der USA ist dies klar, gehören US-Konzerne doch zu den profitabelsten Profiteuren der globalen Steuertricks.

Besonders in der Kritik stehen der weltgrößte Bierkonzern, Anheuser-Busch InBev, aber vor allem auch einige der reichsten Konzerne der Welt wie Alphabet (Google), Apple, Microsoft, Amazon, Starbucks oder Facebook. Der belgische Bierkonzern Anheuser-Busch InBev (AB InBev) hat seine Konzernzentrale in Brüssel und setzt derzeit an, eine der größten Bier-Übernahmen in der Wirtschaftsgeschichte durchzuführen – und zwar jene von SABMiller für über 100 Milliarden US-Dollar.

Wettbewerbsverzerrung auf Grund von Steuerdumping

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Insgesamt stehen auf der Liste der übelsten globalen Steuertrickser 35 multinational tätige Großkonzerne. Die Europäische Kommission, also faktisch die EU-Regierung, kritisiert seit längerem, dass sie der Steuerprellereien durch Ausnutzung von Gesetzeslücken in den 28 Eu-Mitgliedstaaten nicht mehr länger tatenlos zuschauen wolle. Man sehe das Problem mittlerweile als sehr seriös an. Zudem führe Steuerdumping in einigen Ländern – wie in Irland – zu einer erheblichen Wettbewerbsverzerrung in den anderen Eu-Ländern.

Neben der EU-Kommission gibt es zahlreiche non-goverment-Organisationen, wie ActionAid aus Großbritannien, die ebenfalls die Steuertricks von Großkonzerne attackieren. Beispielsweise liegt die durchschnittliche Steuerrate von Anheuser-Busch InBev gerade einmal bei 18%. Der Übernahmekandidat SABMiller bezahlt bislang eine durchschnittliche Steuer von 26%.

Im Falle von Google gehen Beobachter davon aus, dass der Großkonzern aus den USA, welcher soeben Apple als wertvollstes Unternehmen der Welt an den Börsen ablösen konnte, gerade einmal lächerliche 3% Steuern in Großbritannien bezahlt. Nicht viel anders könnte es in Deutschland aussehen.

Zahlt Google in Großbritannien oder Deutschland nur 3% Steuern?

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Der Umsatz von Google wird in Großbritannien auf um die 4 Milliarden US-Dollar im Jahr geschätzt, was alleine schon rund doppelt so hoch wäre, wie der Umsatz der Axel Springer SE aus Berlin – immerhin eines der größten und mächtigsten Zeitungshäuser in Europa. In Deutschland gehen Umsatzschätzungen für Google von 6 bis 8 Milliarden US-Dollar aus – bei einer Rendite von geschätzten 50% (Investitionen nicht berücksichtigt).

Gegenüber steuerratschlag.eu sagte ein Internet-Kenner, dass Alphabet – die Muttergesellschaft von Google – nach Marktschätzungen über die Hälfte des Gesamtumsatzes sowie Gesamtgewinns in der Europäischen Union erwirtschafte, dort aber in den jeweils betroffenen einzelnen EU-Ländern faktisch kaum Steuern bezahle.

Künftig sollten, fordert die bei der UN angesiedelte „Organisation of Economic Co-operation and Development“ (OECD), dass internationale Großkonzerne grundsätzlich dazu verpflichtet werden sollen, Umsätze und Gewinne Land für Land auszuweisen.

„Erhalte mal als Rechnungsempfänger von Amazon eine Tschechien-Adresse, dann eine irische…“

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Doch könnte dieses schwierig werden. Beispielsweise sagte ein deutsche Onlineshopbetreiber gegenüber steuerratschlag.eu, der im Amazon Marketplace seine Produkte listen lässt und dafür an Amazon eine Provision bei erfolgreichen Verkäufen bezahlen muss, dass er mal von Amazon gesagt bekomme, er solle die „Provision nach Tschechischer überweisen, dann wieder nach Luxemburg oder Irland“.

Das deutet darauf hin, dass das Amazon Steuersenkungsmodell – einige sagen auch Steuertrickserei-Modell – flexibel von Jahr zu Jahr oder Monat zu Monat angepasst wird.

Im Zentrum dieser globalen Steuertricks steht, dass die betroffenen Großkonzerne ihre Umsätze künstlich per Absender-Änderung auf der Rechnung in andere Länder verlagern, obwohl die eingetriebenen Rechnungssummen faktisch dort nicht erwirtschaftet werden.

Heißt: Bekommt beispielsweise ein deutscher Werbekunde von Google eine Rechnung von Google Irland, würde der Umsatz in Irland steuerlich verbucht – genau das, was die Europäische Kommission, aber auch zahlreiche Länderregierungen, massiv stört.

In Deutschland werden schon Einkommen ab 53.000 Euro einem Spitzensteuersatz unterzogen

Denn in Deutschland müssen beispielsweise Arbeitnehmer bereits ab einem niedrigen mittleren Brutto-Jahreseinkommen in Höhe von circa 53.000 Euro auf jeden über den 53.000 Euro verdienten weiteren Euro 42% Steuern bezahlen – also den Spitzensteuersatz.

Warum dann ein Megakonzern wie Google, der auf 80 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz und 15 Milliarden Euro Gewinn zusteuert, in Deutschland oder Großbritannien nur geschätzt 3% Steuern bezahlt, möchten immer weniger einsehen.

Dies sorgt für Steuerfrust nicht nur bei der Politik, sondern auch privaten Bürgern, die sich nicht dieser Steuertricks bedienen können. Frust schieben auch nationale Unternehmen, die ebenfalls globale Steuertricks wie jene von Google, Amazon oder Anheuser-Busch InBev nicht anwenden können. Zudem führe es, sagt auch die OECD, zu einer maximalen Wettbewerbsverzerrung.

Mehr Transparenz durch länderspezifische Umsatz -und Gewinn-Ausweisung

Entsprechend äußerte sich nun der OECD Generalsekretär Angel Gurria: „Länder bei Länder Veröffentlichungen haben einen entscheidenden Einfluss die internationale Kooperation in Steuerfragen anzutreiben und führt zu Transparenz bei multinationalen Unternehmensoperationen“.

Die Unterzeichnerstaaten des neuen Steuerabkommens sollen künftig untereinander entscheiden können, mit welchen Ländern sie jene für das Land jeweils von Großkonzernen gesetzlich vorgeschriebenen publizierten Bilanzzahlen – also die Länder-Umsätze, Länder-Gewinne und Länder-Steuern – austauschen.

Als die größten Opfer der Steuertrickserei gelten die am weitesten entwickelten Demokratien und Industriestaaten. Dazu gehören Deutschland, Japan, Großbritannien, Italien oder Spanien, aber eben auch afrikanische Schwellenländer wie Südafrika. Gewinner sind vor allem amerikanische Großkonzerne, Opfer also überwiegend Länder, für welche die US-Regierung gerne betont, sie gehörten zu ihrem westlichen Freundeskreis.

„Insofern sind Compliance Richtlinien in einigen Großkonzerne nicht viel mehr als Lippenbekenntnisse rund um die angeblich sich selbst verschriebene soziale und gesellschaftliche Verantwortung“, kritisiert der Hamburger Diplom-Psychologe und Volkswirtschaftler Bernd Kielmann in einer Stellungnahme gegenüber steuerrratschlag.eu.

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Von Elke

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