Südafrikaner hoffen über Pyramiden auf Geld. Hier baden Sonntags Hunderte im Ort "Strand" bei Somerset West.
Südafrikaner hoffen über Pyramiden auf Geld. Hier baden Sonntags Hunderte im Ort „Strand“ bei Somerset West.

In Südafrika ist eine Diskussion entbrannt, ob Pyramiden-Finanzsysteme (Pyramide schemes) in dem Vielvölkerstaat legal sind. Zudem weisen Behörden darauf hin, dass Gewinneinnahmen aus Pyramiden-Finanzsystemen versteuert werden müssen.

Im Fokus einer neuen juristischen Untersuchung in Südafrika stehen neun Pyramiden Finanzsysteme, welche in Deutschland auch als Schneeball-Systeme bekannt sind.

Schon in den vergangenen Monaten hatte die südafrikanische National Consumer Commission (NCC) das Treiben rund um die diversen Pyramiden-Finanzsysteme kritisch unter die Lupe genommen. Der südafrikanische NCC war im Rahmen des Consumer Protection Act (CPA) gegründet worden.

Doch jetzt sagte die NCC, sie verfüge nicht über die forensischen Möglichkeiten, neun derzeit besonders in Südafrika beliebte Finanzsysteme näher zu untersuchen. Deshalb habe man die Polizei, beziehungsweise Staatsanwaltschaft (commercial crimes unit) gebeten, die Ermittlungen zu übernehmen.

Koordiniert wird in Südafrika die Untersuchung der in Kritik stehenden Finanzsysteme im sogenannten National Consumer Tribunal. Basis der Ermittlungen ist wiederum unter anderem der südafrikanische National Credit Act sowie die Financial Sector Regulation Bill (Twin Peaks Bill). Angestoßen worden seien die Ermittlungen neben dem NCC aber auch durch die South African Reserve Bank sowie dem Financial Service Bord, schreibt die südafrikanische Tageszeitung „Weekend Argus“ (vom 6. Februar 2016, Ressort „Personal Finance“; Autorin: Angelique Adré).

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Im Fokus stehen Fonds wie MMM, NCC oder Kipi

Im Fokus stünden dabei, so der Argus, in Südafrika die folgenden Finanzsysteme: MMM (South Africa), NCC, Direct Intervention Program to Empower Southafricans (Dipesa), Instant Wealth Club, Make Believe, NMT Investments, Sikhese, Wealth Creation Club, Kipi (Mydeposit241), sowie World Ventures.

Im Falle von MMM gehen die Ermittlungsbehörden in Südafrika derzeit davon aus, dass dahinter der Russe Sergey Mavrodi stehen könnte. Er solle nach Angaben des „Weekend Argus“ schon einmal und zwar 2007 wegen nicht einwandfreier Finanzgeschäfte verurteilt worden sein. Ein russisches Gericht habe ihn damals beschuldigt, 10.000 Investoren – meist private Bürger – um 110 Millionen Rubel gebracht zu haben. Damals entsprach dies einem Gegenwert von 3,1 Mio. Euro. Heute, im Februar 2016, wären es rund 1,3 Millionen Euro gewesen.

Die in Südafrika von den Ermittlungen betroffenen Finanzsysteme verteidigen sich mit den Worten, sie würden keine Pyramiden-Systeme bauen. Vielmehr würden sie letztlich eine Art soziale freiwillige Hilfsplattform zur Verfügung stellen. Man investiere beispielsweise umgerechnet 100 Euro, welche man einem anderen Investor zur Verfügung stelle, bekomme dafür aber im nächsten Monat schon 130 Euro und zwar von dem neu akquirierten weiteren Investor.

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Ermittlungsbehörden haben Magenschmerzen: Liegt ein Schneeballsystem vor oder nicht?

Doch genau dies macht den südafrikanischen Ermittlungsbehörden große Magenschmerzen. Denn Schneeballsysteme funktionieren nur so lange, wie sich immer neue Investoren finden. Sie brechen aber zusammen in dem Moment, wo es keine neuen Geldgeber gibt.

Aus diesem Grunde sind Schneeballsysteme in Deutschland verboten. Betroffene können zwar oft über Monate oder auch Jahre damit häufig viele Millionen Euro scheffeln. Doch irgendwann schlägt zumindest in Deutschland die Justiz mit Razzien und mehrjährigen U-Haften für die Initiatoren in einer Nacht- und-Nebel-Aktion zu. So geschehen vor einigen Monaten in Dresden, aber auch in Frankfurt am Main.

Dabei vergessen Betroffene oft: Galt in den 1980er Jahren in Deutschland noch, dass eine U-Haft maximal 6 Monate dauern darf und zwar primär begründet aus den Erfahrungen im nationalsozialistischen Terrordeutschland, wurde das klammheimlich gekippt. Jetzt kann in Deutschland faktisch jeder fast unliniiert in U-Haft genommen werden. Solange die Behörden behaupten könne, es bestehe Fluchtgefahr (was sie Betroffenen immer unterstellen) oder Verdunkelungsgefahr (was ebenfalls immer unterstellt wird; de facto aber im Computerzeitalter eh kaum mehr möglich ist).

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Doch noch haben sich die südafrikanischen Behörden nicht festgelegt, ob sie in den betroffenen Fonds ein illegales Schneeballsystem erkennen wollen oder nicht.

Gesetzeslücken in Südarika erschweren die Bewertung

Dies liegt auch daran, klagt beispielsweise Wouter Fourie von „Ascor Independent Wealth Managers“ aus Pretoria, dass es immer noch keine klare Gesetzgebung gebe, beziehungsweise zu viele Gesetzeslücken. So lange dieses in Südafrika der Fall sei, würden immer wieder unter  dem Deckmantel der angeblichen Legalität dubiose Schneeball-Systeme die Sparer bedrohen und im schlimmsten Fall um ihr Geld bringen.

Eine der Gesetzeslücken scheint beispielsweise möglicherweise zu sein, dass die Aufsicht über Schneeballsysteme eigentlich beim südafrikanischen Financial Service Board (FSB) liegen müsste. Doch habe die FSB wiederum erklärt, sie sei nur für offiziell gelistete Financial Service Provider zuständig. Allerdings seien alle neun im Fokus stehenden derzeitigen Pyramiden-Systeme in Südafrika nicht als solche registriert. Deshalb sehe man sich wiederum hier nicht zuständig.

Die FSB ist vergleichbar mit der Bafin in Deutschland, also der deutschen „Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht“, beziehungsweise im Englischen als „Federal Financial Supervisory Authority“ bekannt.

Der eine investiert und finanziert für den Traum des anderen

Unter den Investoren, welche in umstrittene mögliche Schneeball-Fonds in Südafrika Gelder geben seien, schreibt der „Weekend Argus“ weiter, seien sowohl normale Bürger, wie wohlhabende. Viele der Investoren hätten dann aber das Problem, dass sie nicht wüssten, wie sie die aus den Investitionen erwirtschafteten Gewinne später versteuern sollten.

Die meisten der Pyramiden-Systeme bezichtigten Fonds laufen in Südafrika wie folgt ab: Jemand wirbt einen anderen mit den Worten, man finanziere mit den Finanzmitteln – also beispielsweise 100 Euro – den Traum eines anderen. Umgekehrt dürfe man dann erwarten, dass jemand anderes wiederum den Traum, den man selber habe, mit finanziere.

Das bedeutet: Es muss ständig jemand Neues geben, der den Traum des vorherigen Investors finanziert. Das System bricht zusammen, sobald es keine neuen Traum-Ermöglicher gibt. Der südafrikanische Finanzberater Wouter Fourie sagt, je länger ein solches System laufe, desto schlimmer seien jene dran, die als letztes in das System im Rahmen scheinbarer „Donations“, also „Zuwendungen für den vorherigen“ investierten.

20 Prozent Steuern auf Gewinne müssen auch in Pyramiden-Systemen in Südafrika bezahlt werden

Doch steuerlich schein das System in Südafrika wenigstens klar geregt zu sein, sagt Fourie: Demnach müssten die „Spender“ die erwirtschafteten Gewinne mit 20% versteuern. Doch damit ist das Investment rechtlich auch in Südafrika nicht ganz vom Tisch.

Denn letztlich sei ja jeder Investor Mitglied des Systems, des Clubs. Schließlich müsse jeder einen neuen anwerben. Im schlimmsten Fall könnten also auch in Südafrika einfache Bürger, welche in Pyramiden-Systeme mit investieren, später einmal rechtliche Probleme bekommen. Nicht wegen der Investition, sondern wegen des Anwerbens weiterer Investoren. Dies schreibe wiederum der Consumer Protection Act (CPA) in Südafrika vor.

Der Consumer Protection Act besage, dass es in Südafrika Hauptkennzeichen eines nicht legalen Finanzsystems sei, wenn es davon lebe, dass man andere Mitglieder für so ein System werbe. Das heißt: Dass also das Anwerben an sich der Hauptbestandteil des Geschäftsmodells sei und nicht der konkrete Vertrieb eines Produktes, welches man verkaufe oder kaufe.

Ist das Anwerben des Folge-Investors der Hauptzweck des Systems oder das Helfen des Vor-Investors?

Zumindest mit Blick auf die neun in Südafrika im Fadenkreuz der Ermittlungen stehenden Pyramiden-Fonds sagen Kritiker, wonach das Anwerben von Folge-Investoren der Hauptzweck sei und nicht der Nebenzweck des Pyramiden-Investments.

Dem entgegen aber wiederum die Betreiber, es verhalte sich genau umgekehrt: Hauptzweck der Finanz-Netzwerke sei die Hilfe eines jeden für jeden.

Insofern werden wohl schon bald Gerichte in Südafrika zu klären haben: Ist bei den im Fokus stehenden Investment-Pyramiden die „Hilfe“ für den bereits vor einem liegenden Investor der Hauptzweck der Geschäftstätigkeit, also die Ermöglichung des Traums des Vorgänger-Investors, oder ist das Anwerben der neuen Investoren der Hauptzweck der Geschäftstätigkeit, was als illegal bewertet werden könnte.

Das besonders gefährliche an diesen Pyramiden-Systemen sei, sagt Finanzberater Fourie weiter, dass in Südafrika die neuen Investoren in der Regel im engsten Vertrauens-Kreis angeworben würden: Also der Familie oder dem Freundeskreis. Und genau diese Personen könnten später jene sein, die beim Zusammenbruch eines solchen Finanzsystems später alles verlieren könnten.

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Von Frank

Frank faszinieren ausgefallene Geschäftsmodelle und Steuersysteme. Neben Russland interessiert er sich besonders auch für die Schweizer Steuermodelle oder jene in Südafrika. Kontakt über: frank.herrmann@steuerratschlag.eu

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