Eigentlich ist es in Berlin über Jahrzehnte üblich gewesen: Die Untervermietung eines Zimmers oder gleich der ganzen Wohnung an Feriengäste in der Hauptstadt.
Für arme Berliner war die Möglichkeit der Untervermietung einer Wohnung stets eine gute Möglichkeit, den Traum vom dauerhaften Wohnen in der Weltmetropole Berlin trotz kleiner Geldbörse zu ermöglichen. Dies galt auch für den Fall, dass man beruflich beispielsweise als Künstler immer mal wieder in anderen Städten unterwegs ist. Für Wohnungsbesitzer war es eine Möglichkeit, sich selbst im kleinen Rahmen als Mini-Hotelanbieter zu betätigen. Denn die Berliner sind traditionell sehr weltoffen und gastfreundschaftlich.
Was einst ein Nischenprodukt auf dem Immobilienmarkt Berlins war, ist in Zeiten des Internets zu einem Massenproblem geworden, das ernsthaft den Wohnungsmarkt belastet. Das sagt zumindest der Berliner Senat. Deshalb haben sich nun ausgerechnet SPD und LINKE entschieden, drastisch gegen dauerhafte Untervermietungen über Ferienportale im Internet vorzugehen, sofern hierfür keine Genehmigung vorliegt.
Hierbei geht es um die kommerzielle Untervermietung von ganzen Wohnungen, die praktisch nur noch gehalten werden, da die Vermieter sie an Touristen vermieten möchten, aber letztlich gar nicht mehr nutzen.
Zum Sonntag den 1. Mai 2016 wurde nun das bereits am 1. Mai 2014 verabschiedete Berliner „Gesetz über das Verbot von Zweckentfremdung von Wohnraum“ weiter erheblich verschärft. Demnach ist es in der Hauptstadt nun verboten, die eigene Wohnung, beziehungsweise mehr als 50 Prozent der Wohnung, gegen Geld Touristen anzubieten. Eine Ausnahme gibt es nur für den Fall, dass man eine offizielle Genehmigung hat, seine Wohnung als Ferienwohnung anzubieten.
Allerdings sollte man vor einem Antrag selber gründlich prüfen, ob mit einer Genehmigung überhaupt zu rechnen ist. Liegt erst einmal eine Untersagung vor, steht man auf der Schwarzen Liste und unter besonderer Beobachtung.
Umstrittenes „Gesetz über das Verbot von Zweckentfremdung von Wohnraum“ wird zum 1. Mai in Berlin verschärft
In Berlin ist künftig jedoch nicht nur eine kommerzielle Ferienvermietung ohne Genehmigung untersagt, sondern auch der nicht genehmigte Abriss oder Leerstand von Wohnraum. Die Überarbeitung des Berliner „Gesetz über das Verbot von Zweckentfremdung von Wohnraum“ wurde im Rahmen einer Vorlage des Stadtentwicklungssenators Michael Müller (SPD) bereits im Dezember 2015 beschlossen. Das Gesetz sieht eine Übergangsfrist von zwei Jahren vor.
In einer Presseerklärung erläuterte Müller das neue Gesetz:
„Es geht bei dem Zweckentfremdungsverbot nicht darum, den Tourismus in Berlin zu verhindern. Aus diesem Grund gilt die so genannte 50-Prozent-Regelung, betonte der Senator. Sie besagt, dass die private Weitervermietung eines Zimmers in einer selbst genutzten Wohnung bspw. an Feriengäste auch weiterhin ohne eine entsprechende Ausnahmegenehmigung möglich ist. Gleiches gilt für die teilgewerbliche Nutzung einer Wohnung durch den Mieter oder Eigentümer, zum Beispiel bei einer Büronutzung. In beiden Fällen ist dies jedoch nur dann möglich, wenn die von Feriengästen oder gewerblich genutzte Fläche weniger als 50 Prozent der Gesamtfläche der Wohnung ausmacht. Wird mehr als die Hälfte einer Wohnung oder eines Einfamilienhauses gewerblich genutzt oder an Feriengäste vermietet, ist auch hier eine Ausnahmegenehmigung erforderlich.“
Die neue Regel sieht vor, dass wer vor Inkrafttreten des Gesetzes Wohnraum für berufliche oder gewerbliche Zwecke nutzte, dies weiterhin darf. Künftig können zudem Ausnahmen vom Verbot beantragt werden, beispielsweise um eine Arztpraxis, eine Rechtsanwaltskanzlei oder eine Kita einzurichten. Ob es eine solche Genehmigung gibt, darüber sollen die Berliner Bezirke jeweils selber entscheiden.
Grundsätzlich begrüßt bislang die Berliner Opposition im Abgeordnetenhaus das neue Gesetz, wendet sich allerdings gegen die zweijährige gültige Übergangsfrist.
Sehr ungewöhnlich ist es und sicherlich noch datenschutzrechtlich auf höchster Ebene zu prüfen, ob eine Auskunfts-Anweisung des Stadtstaates Berlin an Portale wie Wimdu, FeWo-direkt.de oder Airbnb, überhaupt zulässig ist. Demnach sollen solche Portale gezwungen werden, proaktiv zahlreiche Daten von Wohnungssuchenden, beziehungsweise Wohnungsanbietern, an die Stadt zu übergeben.
LINKE und SPD richten in Berlin einen steuerlich finanzierten Spitzel-Dienst für Wohnungen ein
Ebenfalls ungewöhnlich ist, dass ausgerechnet die LINKE und die SPD nun eine Art neuen Stasi-Dienst einrichten: So sollen Mitarbeiter der Stadt ganztags Wohnungen abklappern und überprüfen, wer heimlich an Feriengäste untervermietet. Zuständig für die Kontrolle sind die Ordnungsämter der Bezirke, welche dafür aus Steuergeldern finanziert weitere 17 Stellen durch den Senat genehmigt bekamen.
Zusätzlich hat die Stadt Berlin ebenfalls mit Steuergeldern eine Art moderne Stasi-Spitzel-Webseite eingerichtet, über welche Nachbarn andere Nachbarn anschwärzen sollen, wenn sie das Gefühl haben, dass jemand heimlich eine Wohnung kommerziell an Feriengäste untervermietet.
Wer seine Wohnung in Berlin künftig illegal an Feriengäste untervermietet, dem drohen Wahnsinns-Bußgelder von bis zu 100.000 Euro. Bislang lag die Höchstgrenze eines Bußgeldes noch bei 50.000 Euro. Geld das die Stadt Berlin, welche seit Jahrzehnten chronisch pleite ist, gut gebrauchen kann.
Ob aber die neuen Maßnahmen der LINKEN und der SPD wirklich dazu führen, dass angesichts der Härte des jetzigen Gesetzes bis zu 10.000 Wohnungen wieder auf den breiten Vermietungsmarkt kommen – wie behauptet – wird sich erst noch zeigen.
Weltweit geht keine andere Stadt so drastisch gegen Ferienvermieter vor wie Berlin
Doch eines steht schon jetzt fest: Weltweit gibt es keine andere Stadt, die so drastisch gegen eigene Wohnungsbesitzer und Bewohner vorgeht, wie Berlin. Denn dass Menschen ihre Wohnungen an Feriengäste untervermieten, dies ist eine seit Jahrzehnten übliche Praxis.
Wie es heißt, habe allerdings Airbnb schon jetzt angebliche zahlreiche Wohnungsangebote von seiner Webseite genommen. Von Seiten von Airbnb heißt es, dass man die Wohnungen vor allem deshalb vom Markt genommen habe, da die Wohnungen angeblich kein authentisches Wohnerlebnis versprechen würden.
Mittlerweile regt sich zudem Widerstand der Ferienwohnungs-Vermieter gegen das neue Berliner Gesetz. So sagte beispielsweise Stephan la Barré vom Verein der „Apartment Allianz Berlin e.V.“, dass man nicht nachvollziehen könne, warum Gewerbetreibende, wie Rechtsanwälte oder Ärzte Bestandsschutz bekämen, andere aber nicht, die eben auch Geschäfte machen wollten, oder die hohen Kosten für ihren Wohnraum durch Vermietung an Feriengäste reduzieren wollten. In der „Apartment Allianz“ sollen bislang 60 Anbieter organisiert sein.
Apartment Allianz Berlin e.V. klagt gegen Land Berlin mit Wimdu wegen Grundgesetz-Verstoßes auf Eigentumsfreiheit und Berufsfreiheit
Gemeinsam mit dem Berliner Ferienportal-Anbieter Wimdu – ein Kind der Rocket Internet SE – möchte die „Apartment Allianz“ nun vor Gericht ziehen. Grund: Die Berliner Stadtregierung verstoße gegen die Eigentumsfreiheit und die Freiheit des Berufes. Konkret geht es um die Artikel 12 für Berufsausübungsfreiheit, sowie Artikel 14 der Eigentumsfreiheit, welche das deutsche Grundgesetz (GG) garantiert.
Denn eigentlich, so das Argument der Apartment Allianz, müssten Wohnungsbesitzer selber entscheiden können, was sie mit ihrem Eigentum tun. Zudem sei vor allem die gewerbliche unterschiedliche Behandlung von Immobilienräumlichkeiten verfassungswidrig, ist Stephan la Barré, der Vereinsvorsitzender der Apartment Allianz, überzeugt:
„Das Gesetz ist unfair: Betreiber möblierter Apartments müssen am 1. Mai ihre Geschäfte schließen und Mitarbeiter entlassen. Alle anderen Zweckentfremder bekommen unbegrenzten Bestandsschutz und dürfen Wohnungen auch weiterhin gewerblich nutzen. Das ist verfassungswidrig! Wir fordern daher gleiches Recht für alle!“
In dieser Ansicht bekommt die Apartment Allianz Unterstützung durch keinen geringeren als den bekannten Berliner Rechtswissenschaftler und Professor für Staats- und Verwaltungsrecht, Öffentliches Wirtschaftsrecht und Sozialrecht an der Freien Universität Berlin, Prof. Dr. Helge Sodan.
Er sagte, dass er „nach gründlicher Prüfung der Überzeugung“ sei, „dass die Betreiber ihre Ferienwohnungen aus verfassungsrechtlichen Gründen“ auch trotz des neuen Berliner Gesetzes weiterhin vermieten könnten. Deshalb nahm Sodan die Bitte der Apartment Allianz an, die Klage gegen das neue Berliner Gesetz einzureichen.
„Habe im Vertrauen auf den Rechtsstaat investiert“
Vor Gericht verhandelt werden soll der Fall des Berliner Wohnungsbesitzers Olaf Bölter, welcher eine Ferienwohnung in Berlin-Schöneberg hat. Der betroffene Berliner Wohnungsbesitzer erklärt, warum er sich zur Klage entschlossen habe: „Ich habe im Vertrauen auf den Rechtsstaat investiert.“ Sein Gerichtsverfahren ist für den 8. Juni angesetzt.
Solange es aber noch keinen Gerichtsentscheid gibt, könnte eine Vermietung an Feriengäste problematisch sein und ist mit einem sehr hohen Risiko verbunden.