Diese Grafiik zeigt eindringlich, wie unterschiedlich das Einkommensgefälle zwischen Europaparlamentariern und den Bürgern ist.
Diese Grafiik zeigt eindringlich, wie unterschiedlich das Einkommensgefälle zwischen Europaparlamentariern und den Bürgern ist.

Kommentar – Es ist nicht nur ein „trauriger Tag für Europa“, wie es das deutsche Außenministerium in einer ersten Stellungnahme sagte: Der Brexit der Briten, also der Austritt Großbritanniens aus der so hart über Jahrzehnte aufgebauten Europäischen Union (EU). Der Brexit ist ein Denkzettel par excellence.

Es ist ein Denkzettel für Arroganz, mangelnde Demokratie in der EU, Überheblichkeit, Größenwahn. Ja es ist richtig: Die britischen Medien haben seit gut 25 Jahren fast keinen Tag ausgelassen, um nicht kritisch und ablehnend über die EU zu berichten und auch zu hetzen. Ganz vorne weg war dabei Boris Johnson, der unsägliche langjährige Oberbürgermeister von London.

Er war vor seiner politischen Karriere selber Journalist und publizierte seit Ende der 1980er Jahre und vor allem in den 1990er Jahren unzählige Hetz-Artikel gegen die EU. Damit trug er maßgeblich dazu bei, dass in Großbritannien ein allgemein vergiftetes Stimmungsklima gegen die Europäische Union entstand, in welchem die EU nur noch als „Monster“ disqualifizierte wurde, das angeblich gegen die Menschen geschaffen worden sei.

Die EU, so Johnson in seiner Propaganda, sei letztlich ein schrecklicher Unfall der Geschichte. Dieses Bild hat sich in die Herzen der Briten gebrannt. Damit hat Johnson die Saat zum Brexit gelegt – vor vielen Jahren schon. Der blonde Wuschelkopf war bei Johnson schon immer seine Sturmmaske, die über seine faschistoiden EU-Auslassungen hinwegtäuschen sollte.

Einige Kritik von Johnson war angebracht, andere bösartige Hetze. Doch es ist die diabolische Hetze gegen ein gemeinsames Europa, die letztlich überwogen hat. Nicht umsonst schrieb ein britischer Kolumnist noch am Tag des Brexit, Johnson sei gefährlich in seiner manipulativen Art.

Anzeige

Letztlich geht es den Menschen aber so oder so nur sekundär darum, welche Standards bei Industrieprodukten eingehalten werden und welche nicht. Viel wichtiger wiegt, dass die künftig nur noch knapp 500 Millionen EU-Bürger ein gutes Gespür haben, wenn einfach grundlegend etwas schlief läuft.

Mag sein, dass die Flüchtlingskrise das berühmte i-Tüpfelchen war, welches seinesgleichen auf das EU-Desaster des Brexit getan hat.

Die EU glaubt an den Bürgern vorbei regieren zu können – in einem Kartell der 28 Stimmen

Es gibt nichts herumzureden: Der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union ist ein historisches Desaster ohnegleichen. Doch er ist hausgemacht durch Überheblichkeit und dem Glauben, an den Menschen vorbei regieren zu können.

Die Liste der Fehler ist so unendlich groß, dass es einem schwer fällt, diese überhaupt
aufzuzählen.

Anzeige

Am markantesten ist der Wahn einiger in der EU, zu glauben, nach den Fast-Pleiteländern Griechenland, Irland oder Portugal nun auch noch die Ukraine in die wacklige Europäische Union aufnehmen zu können. Zahlen müssten dies die EU-Bürger mit ihren Steuergeldern. Doch Steuergelder sind bekanntlich nicht ausreichend genug da für solche Großmanöver.

Dann blieben die unsäglichen Dauer-Wirtschaftssanktionen gegen unseren Nachbarn Russland: Viele Menschen und auch die Wirtschaft wünschen sich endlich Frieden mit Russland an der wirtschaftlichen und politischen Front. Was macht die EU?

Gießt mit abenteuerlichen NATO-Manövern in Osteuropa weiter Öl ins Feuer und beschloss erst noch Mitte der Woche – kurz vor dem Brexit (wie dumm muss man eigentlich sein?) – eine weitere Verlängerung der Russland-Sanktionen. Dass dieser Boykott-Krieg der EU und der USA vor allem auch die europäische Wirtschaft und Bauern zum Teil hart trifft, interessierte die erhabenen Politiker und Politikerinnen einmal mehr Null.

Dann die unsägliche Unfähigkeit der EU endlich dafür zu sorgen, dass amerikanische Großkonzerne wie Google, Facebook, Microsoft, Oracle, Starbucks, Amazon und wie sie alle heißen, endlich in der EU auf ihre Hunderten Milliarden Gewinne angemessene Steuern bezahlen. Doch ist nicht.

Anzeige

Die EU schaffte es in 20 Jahren nicht einmal, dafür zu sorgen, dass US-Konzerne mehr als 3% Steuern auf ihre Milliardengewinne im Jahr bezahlen

Nach Schätzungen bezahlen die US-Superkonzerne im Schnitt gerade einmal 3% Steuern in den EU-Mitgliedsländern wie Deutschland, Frankreich, Spanien oder Großbritannien. Ist das fair und gerecht? Nein. Denn schon ein mittelprächtig verdienender Deutscher, der 53.000 Euro brutto im Jahr verdient, muss ab jedem Euro, den er über diesen 53.000 Euro verdienen würde (beispielsweise durch eine Abfindung bei Arbeitsplatzverlust) horrende 42% Steuern blechen. Auch Unternehmen zahlen in Deutschland im Schnitt 42% Steuern.

Doch in ihrem Wahn, gegenüber den USA eine Schleimspur nach der anderen hinterlassen zu müssen, waren die EU-Politiker in 20 Jahren nicht in der Lage endlich für Steuergerechtigkeit auch im Bereich der amerikanischen Großkonzerne zu sorgen. Und das, wo Microsoft, Google & Co nach Schätzungen in der EU mehr umsetzen und Gewinne erwirtschaften als in den USA selber.

Kommen wir zum nächsten Hammer: Vor sechs Jahren haben sich Europas EU-Parlamentarier, die sich gerne als Europaabgeordnete feiern lassen, klammheimlich auf Kosten der europäischen Steuerzahler dicke selbst bedient. Auf über 220.000 Euro kommt nun im Schnitt ein EU-Abgeordneter pro Jahr nahezu steuerfrei.

Daraus muss er zwar auch sein Büro im Heimatland bezahlen und auch die Reisekosten nach Hause, doch sind Büros in Rumänien bekanntlich schon ab 100 Euro im Monat selbst in den großen Städten zu haben. Nach nur einer Legislaturperiode, also fünf Jahren, kommt also nun ein einfacher lettischer EU-Abgeordneter auf ein persönlich zur Verfügung stehendes Einkommen von gut einer Millionen Euro.

Leben wie die Maden im Speck: EU-Mitarbeiter in Brüssel

Dass die über 30.000 EU-Bürokraten im Schnitt nur 3% Steuern bezahlen müssen und auch einfache Angestellte schnell über ein Einkommen in der EU-Bürokratie von über 8000 bis 10.000 Euro im Monat kommen und damit in ihren Heimatländern leben wie die Fürsten, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Bis vor rund sechs Jahren war das noch anders: Da wurden die EU-Diäten unterschiedlich an die Parlamentarier ausbezahlt und orientierten sich am Lohnniveau im Heimatland. Das sollte für Gerechtigkeit und auch sozialen Ausgleich in den Heimatländern sorgen.

Was soll denn ein Rumäne oder Bulgare sich denken, wenn sein Europaabgeordneter gut 2000% mehr verdient, als er selber? Aus Steuergeldern zusammengeklaut von rumänischen, britischen, französischen oder deutschen Putzfrauen, denen man nun selbst im Rentenalter noch Steuern abzweigen möchte.

Der Brexit ist nicht ein Vote gegen die EU als solches. Denn vielen Bürgern dürfte durchaus bewusst sein, wie wichtig eine Europäische Union für die Menschen in Europa ist. Nur gemeinsam können wir uns gegen andere aufstrebende Regionen wie China oder Indien, auch gegen die immer weiter ausufernden geopolitischen und wirtschaftlichen Machtanstprüch der USA langfristig gut positionieren und damit Arbeitsplätze in der EU sichern.

Doch scheint eines klar zu sein: Die wirtschaftlichen Vorteile können bei den Hunderten Millionen EU-Bürgern nicht die emotionalen Probleme, die viele mit europäischem Größenwahn haben, überspielen.

Vielleicht ist es auch falsch, permanent die großen EU-Länder Zahlmeister spielen zu lassen, aber unterm Strich dennoch diese unsägliche Politik zu fahren, dass Mini-Länder wie Lettland oder Estland die gleichen Stimmrechte in der europäischen Regierung – die verlogen nur als „EU-Kommission“ bezeichnet wird – zu überlassen.

Koste es was es wolle: Obwohl die meisten EU-Bürger gegen weitere Russland-Wirtschaftssanktionen sind, wurden kurz vor dem Brexit weitere beschlossen

Denn über Sanktionen gegen Russland darf jedes der 28-EU-Mitgliedsländer mit nur einer Stimme – und zwar ungewichtet – abstimmen. Das bedeutet: Selbst wenn Großbritannien für das Ende der Russland-Subventionen wäre, müsste sich Großbritannien zur Not Lettland oder Estland oder Tschechien beugen.

Dass dies einer einstigen Weltmacht wie Großbritannien schwer fällt, dürfte auf der Hand liegen. Nicht umsonst berichten weltweit bis heute zahlreiche Medien gerne von „UK und dem Kontinent“. Gemeint ist also Großbritannien und die übrige EU.

Künftig heißt es wieder nur entweder Großbritannien oder die Europäische Union. Das „und“ ist ab heute aus der Geschichte gelöscht. Dafür werden wir alle noch einen sehr hohen Preis bezahlen.

Im schlimmsten Fall zerbricht mittelfristig die sowieso demokratisch nicht mehr kontrollbierbare NATO – was der unsägliche Libyen-Krieg zeigte – und damit der Frieden in Europa. Das wird nicht heute eintreten, aber vielleicht in 20 oder 50 Jahren.

Anzeige

Von Herbert

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert