Die Versicherungsbranche sieht sich, wie jedes Jahr, auch 2016 zahlreichen Beschwerden auf Grund von schlechten Leistungen gegenüber. Dies teilte die Finanzaufsicht Bafin mit, ebenso ein Ombudsmann für Versicherungsbeschwerden.
Bis Ende September habe die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht 6110 Beschwerden über das Verhalten von Versicherungen für 2016 abschließend bearbeiten können. Das teilte die in Bonn und Frankfurt ansässige Bafin in ihrer noch nicht kompletten Jahresbilanz 2016 mit.
Besonders häufig beklagen sich Kunden über schlechte Ablaufleistungen von Lebensversicherungen (1374 Beschwerden) und Kraftfahrzeugversicherungen. Von Einsprüchen betroffen seien aber auch Krankenversicherungen. Darunter sind sowohl die Gesetzlichen Kranken-Pflichtversicherungen, als auch die Privaten Krankenversicherungen (PKV).
Im Falle der Privaten Krankenversicherung beklagten sich viele über steigende Beiträge. Beispiel: Ein 46-Jähriger erhielt nun von der Nürnberger Versicherung eine saftige Beitragserhöhung.
So steigt ab 2017 der monatlich zu zahlende Beitrag von 477 Euro auf rund 530 Euro. Das sind 53 Euro pro Monat mehr. Beziehungsweise entspricht dies einem Beitragsplus von 636 Euro im Jahr. Unterm Strich muss der Kunde also einen Kostenanstieg von 10 Prozent nur für seine private Krankenversicherung verkraften.
Würde die Nürnberger Versicherung eine solche Beitragserhöhung jährlich durchführen, hätte sich in nur 10 Jahren der Beitrag verdoppelt.
Auch mit den Leistungen von Rechtsschutzversicherungen sind Kunden nicht immer zufrieden. Ein führender deutscher Rechtsschutzversicherer ist beispielsweise die Roland Rechtsschutzversicherung. Ob aber auch sie von Beschwerden an die Bafin betroffen ist, ist nicht bekannt.
Besonders für Frust sorgte bei Verbrauchern die Schadensbearbeitung diverser Versicherungen, beziehungsweise die zugestandene Schadensleistung. Das ist der Euro-Betrag, welcher letztlich zur Begleichung eines Schadens von der Versicherung an den Kunden gewährt wird.
Gerade im Falle von Autoversicherungen hielten viele Versicherungen nicht, was sie großspurig versprechen würden, monieren Verbraucherschützer seit Jahren.
Ein großer Anteil an Verbraucherbeschwerden dürfte dieses Jahr auch auf die Kündigung von alten besser verzinsten Lebensversicherungsverträgen durch Versicherer zurückgehen.
Einige Versicherungskonzerne hatten die alten Konditionen beendet mit der Aussage, sie könnten die zugesicherten Zinsen auf Grund der Weltwirtschaftslage und des von den Zentralbanken vorgegebenen Niedrigstzinsniveau nicht mehr bezahlen.
Zudem gingen Beschwerden bei Ombudsmännern für Versicherungen in Bezug auf das von den Versicherungen nicht akzeptierte Widerrufsrecht alter Lebensversicherungsverträge ein.
Nicht wenige Versicherungsvertreter hatten in den vergangenen Jahren Versicherungsnehmern Versicherungen aufgeschwatzt, ohne eine fundierte Beratungs-Dokumentation vorzulegen.
Es gab sogar Versicherungsvertreter – beispielsweise von MLP – wo einem Kunden ein Schreiben vorgelegt worden war, in welchem dieser unterschreiben sollte, er würde akzeptieren, dass die Beratung nicht dokumentiert worden ist. Folglich sei die Beratung auf „eigenes Risiko“ des Kunden erfolgt. So ein Verhalten ist zwar nicht legal, wird aber trotzdem immer mal wieder von einzelnen Versicherungsvertretern versucht. Ein solcher Fall liegt steuerratschlag.eu vor.
Dabei hatte der Bundesgerichtshof (BGH) den Verbrauchern zugestanden, dass diese ein „ewiges“ Widerrufsrecht von Versicherungen hätten. Dies gilt insbesondere, wenn keine ausreichende Dokumentation einer Versicherungsberatung durchgeführt worden ist.
Allerdings hatte auch das Landgericht München in einem Rechtsstreit mit einem unabhängigen Versicherungsvermittlungsportal festgelegt, dass Beratung im Falle des Internets schriftlich in Form von transparenten Formularen und Erklärungen zu einzelnen Leistungen erfolgen könne.
So sei es ausreichend, wenn beispielsweise die jeweiligen Versicherungskriterien von Versicherungsleistungen in einer für den Verbraucher verständlichen und kompakten Form erklärt würden.
Das bedeutet: Eine Beratungsleistung müsse zumindest im Falle eines Onlineabschlusses, wo eine Manipulation durch einen Versicherungsvertreter ausgeschlossen ist, nicht zusätzlich mündlich erfolgen.
Zudem gehe man im Internet davon aus, dass Verbraucher, welche sich entschließen würden, selbst eine Versicherung online abszuschließen, sich entsprechend ausführlicher selbst kundig machten.
Günter Hirsch, Vermittlungsmann für Streitfälle zwischen Kunden und Versicherungskonzernen, teilte aber gegenüber der dpa mit: Ein Versicherungs-Widerruf sei unmöglich, wenn nur „ganz eng begrenzte Bedingungen“ einer Versicherung, beziehungsweise Beratungsleistung, nicht erfüllt seien.
Betroffen sein dürften jedoch primär langjährig abgeschlossene Versicherungen. Also zum Beispiel Rentenversicherungen oder eben Lebensversicherungen. Grundsätzlich möglich ist es immer, einen Versicherungsvertrag ruhen zu lassen.
Ärger habe es aber auch, so Hirsch, im Falle der Dieselaffäre des Volkswagen-Konzerns gegeben. Hier hätten zahlreiche Besitzer eines VW-Autos sich darüber geärgert, dass die Rechtsschutzversicherungen sich geweigert hätten, mit Rechtsschutz Klagen gegen die Volkswagen AG zu unterstützten.
Die Rechtsschutz-Versicherungen verwiesen wiederum darauf hin, dass Volkswagen den Kunden in Deutschland eine Nachbesserung der Software zur Messung von Emissionen angeboten habe.
Zudem sehe die zwischen VW und der Regierung beschlossene Regelung bislang weder einen generellen Schadenersatzanspruch in Deutschland vor, noch einen Rücktritt vom Kauvertrag eines VWs.
Hintergrund Ombudsmann für Versicherungen
Ein Ombudsmann für Versicherungen, welcher als Schlichter zwischen Kunden und Konzernen auftreten soll, kann lediglich bis zu einem Streitwert von 10.000 Euro versuchen einzuschreiten.
Fälle, welche über diesem Betrag liegen, können lediglich über Amtsgerichte, Landgerichte oder eben die Finanzaufsicht Bafin geklärt werden