So lieben viele die Schweiz: Viel Natur und ein hoher Freizeitwert. Doch auch beim Thema Digitalisierung will die Schweiz vorne mitspielen - wie die Stadt Zug. (Bild: pixabay.com | CC0 Public Domain)
So lieben viele die Schweiz: Viel Natur und ein hoher Freizeitwert. Doch auch beim Thema Digitalisierung will die Schweiz vorne mitspielen – wie die Stadt Zug. (Bild: pixabay.com | CC0 Public Domain)

Ist es der Start in eine einfachere heile Welt der Digitalität? Oder ist es der Start einer totalitären Überwachung eines Staates gegen seine Bürger? Die Schweizer Stadt Zug sieht jedenfalls nur Vorteile in einer digitalen Identität für seine Bürger. Die Digital-ID soll sogar Pässe und sonstige Ausweispapiere, wie Führerscheine in Papierform, komplett abschaffen.

Ab September 2017 bietet die Schweizer Stadt Zug jedenfalls die neue digitalen Identität für seine Bürger an. Das ganze läuft zunächst als Test. [1] Zug ist auch Deutschen bestens als Steuersparregion bekannt. Vor allem Holdings, wie internationale Family Offices, lassen sich hier gerne nieder. [2]

Die digitale Bürger-Identität ermöglicht es Schweizern, sämtliche städtische Dienstleistungen über eine App in Anspruch zu nehmen.

Angeblich sei Zug damit die erste Kommune weltweit, welche eine solche allumfassende digitale Erfassung seiner Bürger startet. [3]

Eine Volksabstimmung bietet Zug im Frühjahr 2018 darüber, ob die Bürger künftig auch digital wählen gehen möchten. Im Gespräch ist eine Konsultativabstimmung über E-Voting.

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Zug will die digitale Bürger-Digitalität über eine App anbieten. Sie speichert sämtliche persönlichen Informationen mithilfe von Blockchain-Technologie. Dabei kommt eine Verschlüsselungstechnik zum Einsatz. [4]

Das bedeutet, dass jeder Bürger eine Crypto-Adresse erhält. Über diese Weg registrieren sich die Bürger mittels der staatlichen App direkt bei der Stadt und dort beim Einwohnermeldeamt. Eine persönliche Präsenz beim Einwohnermeldeamt oder Kfz-Amt ist also nicht mehr notwendig.

Käme es künftig im Rahmen von öffentlichen Polizeikontrollen zu einer Identitätsprüfung in der Schweizer Stadt Zug, so liefe auch diese über eine App-Prüfung statt.

Die Stadt Zug begründet ihr Projekt der digitalen Identität seiner Bürger damit, wonach dies zahlreiche Vorteile für den Staat biete. So hätten die Bürger nur noch eine einzige papierlose elektronische Identität.

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Die Identität müsse nicht alle paar Jahre neu beantragt werden, wie im Falle von Pässen oder sonstigen Ausweisen. Der Papierpass werde also durch einen digitalen Pass ersetzt.

Die Daten der Bürger sollen dabei über eine dezentrale aber letztlich doch zentrale Datenbank abgespeichert werden. Diese ist für Staatsdiener jederzeit weitgehend, wenn nicht komplett, abrufbar.

Mit der digitalen Bürger-ID sollen die Zuger Bürger künftig auch staatliche Gebühren begleichen können. Vermieter sollen aber beispielsweise ebenso digital melden, an wen sie ihre Räume vermietet haben.

Zudem können die Zuger schon heute bis zu einem Betrag von 200 Schweizer Franken städtische oder staatliche Gebühren mittels der digitalen Blockchain-Währung Bitcoin begleichen. [5]

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Angeblich, so die Stadt Zug, sei die neue digitale Bürger-Identität fälschungssicher.

Kommentar

Das Digital-Projekt der Stadt Zug klingt natürlich verführerisch: Weniger Papierkram, weniger Behördenlauferei – wäre das nicht ein Traum.

Doch wer den Faden weiterspinnt, merkt schnell: Aus dem Traum, wird schnell ein Alptraum. Ein Alptraum, wie er in totalitären System Alltag ist.

Denn nicht mehr in die Behörden zu bestimmten Zeiten rennen zu müssen und dort stundenlang auf unbequemen Billigstühlen in Wartezimmern warten zu müssen, hat auch die andere Seite der Medaille:

Wer will schon allen Ernstes über sein Smartphone permanent vom Staat belästigt werden. Schickt das Einwohnermeldeamt einem dann eine SMS, dass man dieses und jenes noch liefern müsse? Das ginge ja gerde noch.

Aber: Gibt es künftig auch Bewegungs-Trackings, damit der Staat mittels digitaler Bürger-IDs immer weiß, wann man von einem Land ins nächste reist? Will man das?

Zudem: Die Aussage der Stadt Zug, wonach eine digitale ID fälschungssicher sei, ist natürlich Nonsens,

In Zeiten, wo selbst ein durchdigitalisiertes Land wie die USA dem politischen Konkurrenten Russland vorwerfen, die Russen hätten durch Hacking Hillary Clinton verhindert, wird doch klar:

Nichts ist digital sicher. Erst Recht ist nichts fälschungssicher. Auch nicht oder erst Recht nicht etwas so sensibles wie eine ausschließlich digitale Bürger-ID.

Zudem: Man muss die Kirche auch einmal im Dorf lassen. Die Stadt Zug tut ja gerade so, als sei das Fälschen staatlicher Ausweispapiere Alltag und als sie dies kaum möglich entdeckt zu werden.

Doch Fakt ist: Auch Papierpässe wie jene aus Deutschland, gelten schon heute als faktisch kaum mehr zu fälschen. Das gilt ja auch für gutes Papiergeld. Die Euroscheine oder Schweizer Franken fälschungssicher nachzumachen ist faktisch nicht möglich.

Das bedeutet natürlich nicht, dass es nicht Blüten gäbe und diese nicht massenhaft im Umlauf wären.

Aber das Problem ist da nicht das Papier, sondern die mangelnde Kontrolle der Empfänger, die manchmal zu leichtsinnig und oberflächlich ohne Gegenkontrolle Papiergeld entgegennehmen.

Außerdem: Mehr Überwachung bringt nicht mehr Sicherheit.

Das lässt sich beim Vergleich von Europa und den USA sehr leicht nachvollziehen.

So muss man sich beispielsweise in Deutschland innerhalb von drei Monaten ummelden, wenn man umzieht.

So etwas kennt man in den USA überhaupt nicht. Denn Amerikaner legen wert darauf, dass sie die Freiheit haben, umzuziehen, ohne dass der Staat weiß, wohin man geht.

Mit diesem Wild-West-Prinzip sind die USA trotzdem unterm Strich besser gefahren, als Europa. So gibt es in Europa trotz der schon heute großen Überwachung der Bürger viel mehr Terroranschläge, als in den USA.

Hinzu kommt: Was ist mit Staaten, die eine ausschließlich digitale Ausweisung gar nicht akzeptieren?

So wollen fast alle Staaten der Welt nach wie vor Papierpässe haben, in welche sie bei Einreisen ihre Stempel machen können.

Weiteres Problem: Ist ein Bürger im Ausland unterwegs, hat sein Handy verloren, das Smartphone ist kaputt gegangen, oder der Akku ist leer – was dann?

Doch über all dem schwebt die Erkenntnis, dass eben nichts Digitales vor Hackern sicher ist, erst recht nicht fälschungssicher.

Natürlich können Hacker entgegen der Darstellung der Stadt Zug durchaus digitale Veränderungen von staatlichen Eintragungen zu Bürgern vornehmen. Nicht jeder Hacker kann das, aber es gibt Freaks, die das können.

Wer ist dann verantwortlich und wie kann sich ein Bürger wehren, wenn ein Hacker ihr oder ihm beispielsweise in die digitale Identität schreiben würde, er oder sie sei vorbestraft, prostituiere sich oder sei wegen harten Drogendelikten polizeilich bekannt?

Einzelnachweis

[1] „Stadt Zug startet Test mit digitaler Identität„, von: sda/gku/chb, in: handelszeitung.ch vom 07.07.2017.

[2] „Hier ruht das Kapital„, von Thomas Buomberger, in: Die Zeit Online, vom 27. Juli 2008.

[3] „Blockchain-Identität für alle Einwohner„, von: Medienmitteilung der Stadt Zug vom 07.07.2017, auf: stadtzug.ch.

[4] „The Power of the Blockchain„, von: Siraj Raval, auf: YouTube vom 09.06.2017 (Video unten).

[5] „Bitcoin„, in Wikipedia.

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