Die Rentenvorsorge in Deutschland gilt einerseits als vorbildlich. Andererseits ist sie voll von Tücken.
Zahlt beispielsweise ein Arbeitnehmer monatlich 540 Euro in die staatliche Pflichtrente bei der Rentenversicherungsanstalt, also der Deutsche Rentenversicherung ein, und legt sein Arbeitgeber den Pflichtanteil von 540 Euro drauf:
So entspricht dies einer Renteneinzahlung von immerhin 1080 Euro monatlich oder 12.960 Euro im Jahr.
Doch die Deutsche Rentenversicherung gewährt ihm auf diesen Einzahlungsbetrag später gerade einmal monatlich rund 70 Euro Rente.
- Damit kann der Rentner dann beispielsweise die 17,50 Euro Rundfunkgebühr für ARD, ZDF und Deutschlandradio begleichen. Sie ist auch als GEZ bekannt und stellt eine gesetzlich vorgeschriebene Pflichtgebühr dar.
- Von den verbleibenden 50 Euro Rente könnte der Rentner aber ebenso den schnellen Internetanschluss bezahlen, das Telefon mit Flatrate-Rate ins deutsche Festnetz und die Kabelnetzgebühren für Fernseher und Radio.
Geht dieser Arbeitnehmer mit 67 in Rente, sofern er vorher nicht durch Krankheit wie Krebs, Herzinfarkt, Schlaganfall oder einen Unfall dahingerafft wurde, bedeutet dies:
Die in einem Jahr einbezahlten 12.960 Euro genügen bei einer auch über Jahrzehnte vom Staat gewährten Null-Verzinsung 185 Monate lang oder 15,4 Jahre. Das bedeutet: Bis unser Rentenzahler also 82,4 Jahre alt ist.
Auch hier gilt wieder: Wenn er dieses Alter überhaupt erreicht. Denn statistisch gesehen sterben beispielsweise die deutschen Männer im Schnitt mit 78 Jahren – also vier Jahre früher.
Nimmt man die Rentenauszahlungen unter anlagestrategischen Kriterien ins Auge, ist das deutsche Rentensystem, das auf einem Umlageverfahren beruht, natürlich ein miserables Investment. Denn alles was rein geht, geht sofort als Rente an Bürger wieder raus. Es gibt einfach keinen Platz für große Investments.
Doch berücksichtigt man, dass wahrscheinlich weit über 90% der Deutschen ihre Rente schon vor Renteneintritt verbraten würden, da sie sich ein schickes Auto oder eine Wohnung oder eine Weltreise gönnen möchten, ist die deutsche Pflichtrente zumindest besser als nichts.
Es ist eine gewisse relative Sicherheit fürs Alter. Die aber natürlich nicht ausreicht. Deshalb kommt an dieser Stelle die private Rentenvorsorge ins Spiel.
Die Private Rentenvorsorge
Das Schlimme an der Geschichte ist nur: Die private Rentenversicherung ist in sehr vielen Fällen als Investment nicht besser, als die staatliche Rente. Es kommt in der Regel am Ende nicht viel mehr raus, als wenn man sie zu Null-Zinsen dem Staat anvertrauen würde.
Das liegt daran, dass die Versicherungskonzerne nicht zufällig zu den reichsten Unternehmen auf der Welt gehören: Es gibt genug Bürger, die glauben, eine private Rente, einem Versicherungskonzern anvertraut, würde es schon bringen und würde einem das Gefühl verleihen: Du hast ja was gemacht fürs Alter.
Jedenfalls schreibt Herbert Fromme im Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung (SZ) am 20. Juli 2017 in einem halbseitigen Artikel über eine Allianz Lebensversicherung:
So habe dieser private Rentenversicherer diversen Rentenempfängern geschrieben, wonach man mal wieder den Rentenfaktor absenke. [1]
Künftig zahle, so die SZ, die Allianz Lebensversicherung den Angeschriebenen privaten Rentenversicherungsnehmern „pro 10.000 Euro angespartem Geld zu Beginn der Rentenauszahlung… künftig 38 Euro, nicht mehr 44 Euro.“
Die SZ führt weiter aus: Wenn der Beispielsfall der Zeitung, ein Versicherungsnehmer mit dem Namen Frank G. aus München, 100.000 Euro an die Allianz überwiesen habe, so könne er künftig nur noch mit einer Rente in Höhe von 440 Euro monatlich rechnen.
Allerdings: Hätte dieser Frank G. für 100.000 Euro eine 60-Quadratmeter-Wohnung in einer größeren deutschen Stadt gekauft, würde das bedeuten:
In zahlreichen Städten, wie Leipzig, würde der Mietzins, also die Mieteinnahmen, auch nicht deutlich über 440 Euro Nettokaltmiete monatlich liegen. Die müsste obendrein zum persönlichen Steuersatz versteuert werden.
Doch einen entscheidenen Punkt gibt es: Die Wohnung würde dem Besitzer eben auch gehören. Er könnte sie vererben und hätte jederzeit Zugriff auf die 100.000 Euro für den Fall, dass er die Wohnung wieder verkaufen möchte.
Das ist bei den meisten privaten Rentenversicherungen nicht so. Zwar kann man zu Rentenbeginn einen Teil der angesparten Summe sich auszahlen lassen.
Doch geschieht dies häufig nur mit hohen Abschlagszahlungen. In der Regel ziehen sich die Versicherungen zwischen 30 bis 40% der einbezahlten Beträge als Kosten ab, also zum Bezahlen der Versicherungs-Konzernstrukturen: Gebäude, Rückversicherungen, Marketing, Versicherungsmakler oder sonstiger Versicherungsvertrieb usw. [2]
Doch ist das nicht bei allen Versicherungen ein solches Desaster: Die DWS bietet beispielsweise eine fondsgebundene Riesterrente an, die der Autor dieses Artikels seit über 10 Jahren hält. In diesem Falle ist die ausgewiesene angesparte Summe tatsächlich höher, als das, was bislang einbezahlt wurde.
Ähnlich sieht es mit einer Betrieblichen Altersvorsorge aus, die der Autor bei der IDEAL Versicherung abgeschlossen hat. Auch hier scheint es nach sechs Jahren Einzahlen so zu sein, dass das Einbezahlte und der Anlagezins von den Kosten bislang nicht aufgefressen wurde. Deshalb:
Den Kopf in den Sand stecken, bringt nichts. Eine private Altersvorsorge ist richtig. Als grobe Faustformel kann man sagen: Ein Drittel staatliche Rente, ein Drittel, falls möglich, über Wohneigentum sichern und ein Drittel am besten über die steuerlich sehr attraktive Betriebliche Altersvorsorge.
Auch die Riester Rente kann Sinn machen – allerdings sollte man hier nicht gleich abschließen, nur weil Riester drauf steht. Zahlreiche Abzocker unter den Versicherungen haben diese Rente massiv beschädigt, ebenso die Rürup-Rente.
Abzocker sind häufig jene Versicherungskonzerne, die ihre Produkte auch in den großen TV-Sendern, selbst in ARD und ZDF, gerne massiv bewerben.
Einzelnachweise
[1] „Die Renten sind nicht sicher„, von Herbert Fromme, in: Süddeutsche Zeitung, Wirtschaftsteil Seite 16 vom 20. Juli 2017. Der Artikel ist ebenso online erschienen. Abgerufen am 23. Juli 2017.
[2] „Wie dubios sind die Versicherer? Kritik: ‚Abzocke bei MLP und Heidelberger Lebensversicherung AG‘ / ‚Von 103.000 Euro Altersvorsorge nur 84.000 übrig’“, von Peter Tauf, in: netz-trends.de vom 23. Oktober 2012. Abgerufen am 23. Juli 2017.
[3] „Rentenformel einfach erklärt: So rechnen Sie aus, wie viel Geld Sie im Alter haben“, von focusonline am 23. März 2014. Abgerufen am 23. Juli 2017.