In Bulgarien fährt ein Provinzpolitiker in einem angeblich 200.000 Euro teuren Rolls Royce zu Wahlveranstaltungen. Das kommt aber in einem Land, in welchem der monatliche Brutto-Durchschnittslohn bei unter 1000 Euro liegt, eher schlecht an. (1) Doch der Politiker, Bencho Benchev, verteidigt seine exzentrischen Auftritte.
So sagte Benchev, er habe sich nichts vorzuwerfen. Vielmehr habe er sein Geld ehrlich verdient und stelle sich gerne einer Steuerprüfung.
Zudem erklärte er weiter, es habe sich zu keinem Zeitpunkt jemand darüber geärgert, dass er mit landwirtschaftlichen Geräten, wie Mähdreschern, über seine Farm gefahren sei. Doch koste jedes dieser großen Geräte leicht ebenfalls „über 200.000 Euro“. (2)
Dennoch kritisiert beispielsweise der Führer der bulgarischen BSP-Partei, Kornelia Ninova, es sei ein Unding, wenn ein Politiker zu seinen Wählern, welche jeden Cent umdrehen müssen, so protzig vorfahre.
Benchev wiederum erklärte seine Leidenschaft für sein Luxusgefährt mit den Worten, ein Rolls sei nicht langsamer, als ein Bentley. Deshalb habe er beschlossen, einen Rolls-Royce zu nehmen. Dies habe er auch deshalb getan, da er müde gewesen sei, Mähdrescher zu fahren:
„Ich habe drei Mähdrescher, die kosten mehr als ein Rolls-Royce, doch niemand kritisiert den Mähdrescher, sie alle schießen auf das Auto.“
Der 65-Jährige Geschäftsmann macht sein Geld neben der Agrarwirtschaft im Bau. Für seine Unternehmen zahle er im Jahr angeblich rund 10 Millionen Bulgarische Leva (BGN) Steuern, umgerechnet 5,1 Millionen Euro. Hinzu komme, dass er sich vielfältig sozialpolitisch einsetze:
- So sei er Mitglied der bulgarischen Union der Rentner und setze sich dort für die Belange von Senioren ein: Beispielsweise habe er für hilfsbedürftige Ruheständler Mittel zum Beheizen gegeben.
- Zudem habe er für einem Senioren-Club 12.000 Leva gespendet, umgerechnet 6136 Euro. Damit habe das Clubdach wieder repariert werden können.
- Obendrein spende er sein Gehalt als stellvertretender Vorsitzender des Gemeinderats.
Sein politisches Engagement kommentierte Politiker Benchev mit den Worten:
„Ich habe meine Philosophie den Staat zu regieren… Es gibt Kader und inkompetente Menschen…. Wie kann die Sozialpolitik getan werden, wenn Sie keine Mittel haben, wenn Sie keine Sachwerte und Geld haben?“ (2f)
Auf die Kommunisten, welche unter sowjetischer Führung bis zur Wende 1990 Bulgarien diktatorisch regierten (3), ist Politiker Bencho Benchev noch heute wütend. Gab es in Deutschland die berüchtigten Stasi-Akten, gibt es ähnliches in Bulgarien:
„In meiner Akte schreiben sie, ich hätte der Kategorie ‚Hooligan‘ angehört. Weißt du, warum ich ein Hooligan bin? Weil ich mit langen Haaren ging und den Beatles zuhörte „, erklärt Benchev, der sich als Opfer der kommunistischen Partei sieht.
Die Doppelmoral in Bulgarien störe ihn auch deshalb: „Sie müssen in Bulgarien nicht korrekt sein, einfach und arm, dann respektieren sie dich als moralische Instanz. Wenn ich meine Fähigkeiten verberge und einen ‚Moskvich‘ (4) oder ‚Jigula‘ (5) fahre, bin ich nach ihrer Lesart moralisch.“
Einzelnachweise
(1) „Preise und Einkommen in Bulgarien bei 38% des EU-Durchschnitts„, in: reiselandbulgarien.de. Abgerufen am 17.09.2017. Mit Kaufkraft ist in dem Artikel die Kaufkraft, also das Einkommen, pro Jahr gemeint.
(2) (2f) „Общинарят с кола за 200 000 евро: Омръзна ми да карам комбайни„, übersetzt, „Stadtrat für 200.000 Euro: Ich bin müde Mähdreschern zu fahren“, in nova.bg vom 19.09.2017. Abgerufen am 19.09.2017.
(3) „Bulgarische Kommunistische Partei„, in: Wikipedia.
(4) Die russisch-sowjetische Automarke Moskwitsch wurde 1929 gegründet und ging 2006 Insolvenz. Quelle: Wikipedia.
(5) Die tschechische Automarke Jigula ist auch als Lada bekannt. Siehe z.B. Bildnachweise auf Facebook.
(6) „URLAUBSTIPPS BULGARIEN GOLDSTRAND: Slatni pjasazi – Bulgariens Goldstrand: Was Sie vermeiden sollten und was Sie sich nicht entgehen lassen dürfen! Die größten Touristenfallen, die besten Reisetipps„, in: Kabel Eins, 2017.