Teil 3 unserer Serie zum DavorCoin-Betrug: Kommentar zum Anlagebetrug – Es startete als „most ambitious“ Krypto-Projekt aller Zeiten, jetzt stehen seine Investoren vor dem Ruin: Die Rede ist von DavorCoin. Die Masche der Betrüger war äußert trickreich. Mit einer neu emittierten, nahezu wertlosen Kryptowährung, dem Davor, erbeuteten die Betreiber vermutlich mehrere tausend Bitcoin in Millionenhöhe. Die Anleger lockten sie mit monatlichen Renditen von bis 48 Prozent in die Falle.
Die markigen Werbeworte der Davor-Website sind für viele Anleger nur noch ein schlechter Scherz: „Be part of one of the most ambitous cryptocurrency projects“, heißt der vielversprechende Claim der Plattformbetreiber. Mittlerweile ist aber klar: Sie waren lediglich Teil eines Millionenbetrugs. Statt traumhafter Renditen müssen viele Investoren nun den Totalverlust ihres eingesetzten Kapitals hinnehmen, darunter sind auch Deutsche (steuerratschlag.eu berichtete in Teil 1 unserer Davor-Serie sowie in Teil 2).
Davor Coin war als Plattform zum Verleih und Handel von Kryptowährungen angedacht. Ihren Dienst nahm sie erst vor wenigen Wochen, am 6. November 2017, auf. Für den Betrieb gaben die Macher einen eigenen Token namens Davor Coin, kurz DAV, heraus.
Zunächst erschien das Projekt äußerst vielversprechend, zumal ein Whitepaper in blumigen Worten für den Davor Coin mit schicken Grafiken warb – ein klassisches Repertoire der Betrüger-Szene (Hier das Davor Coin „Whitepaper“ herunterladen: WP_DavorCoin_1.1).
Davor Coin profitierte vom Krypto-Hype
Das Initial Coin Offering, eine Art Börsengang für Kryptowährung, verlief sehr erfolgreich. Ein Token kostete je nach Einstiegszeitpunkt zwischen 0,72 und 1,20 US-Dollar. Mitte Dezember 2017 schoss der Kurs dann auf 23 US-Dollar, durchbrach Ende vergangenen Jahres noch die 50 US-Dollar-Marke. Seinen höchsten Stand erreichte der DAV am 15. Januar 2018 mit einem Wert von rund 176 US-Dollar. [1]
Zu erklären sind die starken Kurssprünge wohl mit dem allgemeinen Krypto-Boom, der zum Jahreswechsel seinen bisherigen Höhepunkt fand. Anleger konnten aber nicht nur durch die enormen Kurszuwächse Rendite erzielen. Auch ein umfassendes Verleihsystem sollte den Plattformnutzern zu einem Vermögen verhelfen. Der Kreditnehmer: die Plattform selbst.
Die Betreiber versprachen auf das verliehene Geld tägliche Zinsausschüttungen von bis zu zwei Prozent und mehr. Dafür musste der Investor lediglich eine Summe von mindestens 1.000 US-Dollar in DAV einzahlen und für eine bestimmte Mindestlaufzeit dort liegen lassen. Dabei galt: Je länger der Anlagezeitraum und je höher der investierte Betrag, desto mehr Rendite. Auf die Plattform konnte jedoch nur in Bitcoin eingezahlt werden, die anschließend in DAV umgetauscht werden mussten. Eine direkte Aus- oder Einzahlung in Dollar oder Euro ist nicht möglich gewesen.
Ein sogenannter „Profit Calculator“ (dt: Profitrechner) rechnete den Investoren astronomische Renditen vor: Mit einem Leihbetrag von 43.000 US-Dollar konnten Anleger auf 800 US-Dollar täglich hoffen. Nach einer Mindestlaufzeit von 200 Tagen erhielten sie sogar, lautete die Davor-Hochrechnung angeblich bis 160.000 US-Dollar und das eingesetzte Kapital zurück. Die hohen Renditen würden vor allem durch Krypto-Trading-Bots generiert, so die Betreiber, die aus den starken Kursschwankungen am Krypto-Markt Gewinne erzielten. [2]
Darum fielen Anleger auf die Plattform rein
Kritiker vermuten hingegen, dass hinter Davor Coin eine Art Schneeballsystem steckt. Das Geld neuer Kunden würde dazu genutzt werden, um die versprochenen Renditen an die bestehende Kundenbasis auszubezahlen. Ein Indiz dafür ist auch das umfassende Referral-System von Davor Coin. Verleiht ein Neukunde frisches Kapital an die Plattform, erhält der Empfehler 8 Prozent der Summe gutgeschrieben. Bei 2 bis 3 Empfehlungen kamen so schnell tausende US-Dollar zusätzlich zusammen.
Die Versprechen der Betreiber klangen fast zu schön, um wahr zu sein. Dennoch investierten zahlreiche Anleger weltweit, darunter aus Deutschland, der Schweiz, Österreich, Asien oder den USA in das Programm, blendeten die Risiken eines Totalverlustes komplett aus und unterschätzten die kriminelle Energie der Davor Coin-Macher. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Zum einen erlebte der Kryptomarkt im Jahr 2017 einen einmaligen Boom. Beliebte Kryptowährungen wie Bitcoin, Rippel und Co. legten Kurssteigerungen von 2.000 Prozent und mehr hin. Nichts schien mehr unmöglich.
Die Medien lancierten Geschichten über Bitcoin-Millionäre und sagenhafte Gewinne. Jeder wollte ein Stück vom Kuchen abhaben. Da selbst Kryptowährungen täglich Kursgewinne von 12, 15 oder 20 Prozent verzeichneten, schienen selbst 2 Prozent Rendite am Tag im Rahmen des Machbaren.
Zum anderen lief es auch bei der Konkurrenz äußert phantastisch: Bitconnect, die bislang größte Verleihplattform für Kryptowährungen, hielt sich bereits seit über einem Jahr. Ihr eigener Token, der Bitconnect Coin, war im Dezember 463 US-Dollar wert. Zwar vermuteten Experten auch hier ein Schneeballsystem, doch die Aussicht auf enorme Gewinne hielten viele Anleger bei der Stange und das System am Laufen.
Davor Coin arbeitete mit Cloudflare und Google zusammen
Für Davor Coin sprach auch die aufgeräumte, stabile Website und die einfach zu bedienende Plattform. Als zusätzlichen Schutz setzten die Betreiber auf Cloudfare, ein international anerkanntes US-Unternehmen, das Webseiten vor DDOS-Attacken schützt, und eine „2-Factor-Authenfication“ mit Google-App. Des Weiteren stellten die Betreiber bei GitHub, eine Art Entwickler-Forum, den Open-Source-Code von Davor Coin zur Verfügung, schafften somit mehr Transparenz. [3]
Und auch Google erlaubte prominent Werbung über sein Google Adwords-Werbesystem für die Plattform auf seinen Seiten, wie erst kürzlich steuerratschlag.eu feststellte. Das heißt: Auch Google verdiente mit. Anleger, die sich von DavorCoin hereingelegt fühlen monieren, dass Google selbst nach Bekanntgabe des Millionenbetrugs die DavorCoin-App für Android im GooglePlay-Store zum Download anbietet und auch Google-Werbung für DavorCoin weiterhin über seine Werbeplattform ausspielt. [4]
Die zahlreichen Partnerschaften mit großen Unternehmen wie Google, GitHub und Cloudflare bestärkten bei vielen Nutzern den Eindruck, dass es sich bei Davor um eine seriöse Plattform handeln müsste, obwohl ein Impressum und genauere Informationen zu den Hintermännern der Seite fehlten – was im Markt der Coins aber nichts Ungewöhnliches ist.
3 Thesen: Warum fiel der Davor Coin?
Das Ende der Investment-Plattform kam für viele Anleger sehr überraschend. Innerhalb kürzester verlor der Davor Coin rapide an Wert. Kostete eine Einheit der Kryptowährung am 16. Januar noch 145 US-Dollar, war die Kryptowährung Anfang Februar teilweise nur noch 5 Cent wert. Warum der Kurs so rapide fiel, gibt vielen Anlegern Rätsel auf. Krypto-Experten gehen hingegen von 3 Szenarien aus, die zum Kurseinbruch geführt haben könnten.
These 1: Bitconnect-Pleite führte zu Vertrauensverlust bei Davor Coin
Am 16. Januar kündigte Bitconnect an, seine Verleihplattform einzustellen. [5] Zeitgleich begannen die großen Abverkäufe. Viele Anleger wollten so schnell wie möglich ihre Investments von der Plattform abziehen, um ihr Geld zu retten. Millionen von Bitconnect-Coins (BCC), der hauseigene Token der Bitconnect-Plattform, wollten nun gegen Bitcoin wieder zurückgetauscht werden. Die Folge war, dass der BCC innerhalb eines Tages von damals 240 US-Dollar auf etwa 25 US-Dollar fiel.
Die Bitconnect-Pleite ging auch an Davor Coin nicht spurlos vorüber. Der Grund: Beide Plattformen funktionieren nach dem gleichen Prinzip, stellten hohe Renditen für verliehenes Geld in Aussicht. Das Misstrauen wuchs gegenüber dem Davor Coin und viele Kunden versuchten nun, auch von der Davor-Plattform ihr Kapital abzuziehen. Bekräftigt wird diese These auch von dem starken Davor-Kursrutsch von 145 US-Dollar auf 77 US-Dollar, kurz nachdem Bitconnect seinen Rückzug aus dem Verleihgeschäft bekanntgab.
Zwar erholte sich der Davor Coin kurze Zeit später und war am 19. Januar wieder 130 US-Dollar wert, doch dann gab es kein Halten mehr. Seit dem 20. Januar halbierte sich nahezu der Kurs täglich. Am 7. Februar stand der Kurs bei gerade einmal 4 Cent. Das Vertrauen der Anleger war offenbar weg.
These 2: Missmanagement brachte das System „Davor“ zum Einsturz
Im Zuge der Bitconnect-Pleite trafen die Davor-Macher einige riskante und unüberlegte Entscheidungen. Um das Vertrauen der Kundenbasis wiederzugewinnen, erlaubte das Unternehmen am 25. Januar 2018 allen Nutzern ihre verliehenen Gelder auch vor Ablauf der ursprünglich vereinbarten Anlagefrist wieder abzuziehen. Anleger verloren damit die einzige Sicherheit, die Davor geben konnte: die Einlagen vieler weiterer Anleger mit einer Mindestlaufzeit zwischen 3 und 10 Monaten. [6]
Viele Krypto-Anleger waren zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon nervös. Neben der Bitconnect-Pleite verloren Ende Januar nahezu alle Kryptowährungen massiv an Wert. Hinzu kam, dass die amerikanische Regulierungsbehörde Texas State Securities Board gegen Davor Coin ein Abmahnverfahren einleitete, weil das Unternehmen mit seinem undurchsichtigen Geschäftsgebaren und anonymen Hintermännern gegen US-Gesetze verstoße. Konkret wirft die Behörde in einer Stellungnahme vom 03. Februar 2018 den Davor-Betreibern vor, dass das Unternehmen seinen Investoren unrealistisch hohe Zinsen verspreche, die langfristig nie bedient werden könnten, man könnte auch von Verbrauchertäuschung sprechen. [7].
Das schwierige Marktumfeld und drohende Abmahnverfahren führten zu einem massiven Ausverkauf an Davor Coins. Vielen Anlegern wurde bewusst, dass ohne Sicherheiten die Plattform nicht mehr lange existieren kann. Aus Angst ihr ganzes Kapital zu verlieren, machten viele Anleger von der Option Gebrauch, und lösten ihre Kredite an Davor auf. In der Folge, kam es wieder zu einem massiven Überangebot an Davor Coins, sodass der Kurs an der internen Börse im Keller versank. Auch die Plattformbetreiber könnten angesichts des Abmahnverfahrens kalte Füße bekommen und ihren Abzug aus dem Geschäft geplant haben. Da man jedoch die Kredite nicht zurückzahlen konnte, könnte auch das Szenarium gelaufen sein: Man brachte den Davor Coin absichtlich zum Einsturz, um an Anleger nur noch Cent-Beträge auszahlen zu müssen.
These 3: Davor Coin war von Anfang als Betrug angelegt
Vieles spricht auch dafür, dass Davor Coin von Anfang an als Betrug geplant war, um in möglichst kurzer Zeit an viele Bitcoins in Millionenhöhe zu kommen. Insbesondere nach Bekanntgabe der Bitconnect-Pleite berichteten zahlreiche Nutzer, dass es zu Auszahlungsproblemen kam. Zahlreiche Investoren wurden daran gehindert, eine Verkaufsorder zu erstellen. Andere berichten, dass sie nur niedrige Kontingente an DAV handeln konnten.
USD-Dollar-Beträge lassen sich bei Davor nicht direkt auszahlen. Vielmehr muss der Kunde eine nervige Odyssee an Transaktionen zurücklegen, um seine ausgeschütteten Zinserträge zu kommen. So muss man die Zinsen in US-Dollar zunächst in DAV umwandeln. Anschließend können die DAV an der internen Börse gegen Bitcoin gehandelt werden. Per Überweisung lassen sich die Bitcoins nun an Bitcoin.de oder einen andere Börse überweisen, wo eine Veräußerung in Euro oder US-Dollar auf ein Bankkonto möglich ist. Unter dem Vorwand einer technischen Störung setzte die Plattform den Tausch von Davor in Bitcoin jedoch öfters aus. Deutsche Kunden berichteten steuerratschlag.eu, sie seien so auf auf ihren Davor Coins sitzengeblieben, die nahezu stündlich an Wert verloren.
Vermutlich versuchten die Hintermänner dadruch, den Kurs künstlich oben zu halten, denn je weniger Coins auf dem Markt sind, desto größer die Nachfrage. Darüber hinaus konnten sich die Verkäufer im Preis nicht mehr unterbieten. Ein weiterer Kursverfall wäre damit zumindest in der Theorie gestoppt.
Überraschenderweise fiel der Kurs aber immer weiter. Obwohl zahlreiche Privatanleger ihre Davor Coins nicht mehr handeln konnten, wuchs der Berg an verfügbaren DAVs weiter. Vermutlich nutzten die Hintermänner die Gunst der Stunde, um den endgültigen Exit aus ihrem Geschäft zu planen. Das Exit-Szenario könnte also so ausgesehen haben: Während es Privatanlegern nicht mehr möglich war, Verkaufsorder einzustellen, schmissen die Davor-Betreiber ihre Coins auf den Markt, um noch den einen oder anderen Bitcoin beiseite zu schaffen und viele Millionen Euro zu verdienen.
Höchstwahrscheinlich hatten die Plattform-Betreiber eh schon einen Großteil der bis dahin eingezahlten Bitcoins aus dem Verkehr gezogen und auf eigene Konten überwiesen. Bei Preisen um 5 Cent für einen Davor Coin wäre es nämlich ein Leichtes gewesen, den Kurs wieder nach oben zu puschen.
Für einen Gegenwert von etwa 50.000 US-Dollar, was aktuell etwa sechs Bitcoins entspräche, hätte man nämlich schon 1 Million Davor Coins aufkaufen können. Bei etwa 10 Millionen im Umlauf befindlichen Davor Coins wäre es so schnell zu einer Kurssteigerung gekommen. Vermutlich waren die großen Bitcoin-Summen aber schon längst von der Plattform abgezogen worden, sodass die Betreiber nicht mehr gegensteuern konnten beziehungsweise gar nicht mehr wollten.
So zockte Davor seine Anleger ab
Der wohl größte Schock für Davor Coin-Besitzer kam per E-Mail. Unter dem Betreff „Important Announcement about the Davor Project“ flatterte am 07. Februar 2018 die Bankrotterklärung des Unternehmens in die virtuellen Briefkästen der ahnungslosen Anleger. Ab sofort, so die E-Mail, seien alle verliehenen Gelder zurückgegeben worden, da man die Verleihoption aufgrund aktueller Marktentwicklungen nicht mehr anbieten könne.
Das Erstaunen war groß, als man sich anschließend in seinen Account einwählte. Es wurden nämlich nur so viele Davor Coins gutgeschrieben, wie man anfänglich in sein Kreditpaket einzahlte. Ein der Redaktion bekanntes Davor-Opfer hatte beispielsweise am 14. Januar 2018 einen Kredit in Höhe von 43.000 US-Dollar an die Plattform verliehen. Zum Zeitpunkt der Kreditvergabe lag der Davor bei 147,80 US-Dollar. Insgesamt stellte die Person also 290,93 Coins mit einem Gesamtwert von 43.000 US-Dollar der Plattform zur Verfügung, die er zu Beginn in Bitcoins überweisen musste.
Nach Freigabe der Kreditpakete am 07. Februar 2018 erhielt der Nutzer zwar seine 290,93 Davor Coins zurück, allerdings zu einem Kurs von gerade einmal 4 Cent. Seine ehemals in Bitcoin eingezahlten und dann in Davor umgetauschten 43.000 US-Dollar waren damit nur noch 11,63 US-Dollar wert. Der Kunde sieht das als Betrug pur und zwar gleich in mehrfacher Hinsicht, da keinerlei der Versprechen und an die Wand gemalten großartigen Zinsen eingehalten wurden und erstattete Anzeige bei der Kriminalpolizei mit dem Schwerpunkt Cyberkriminalität in Karlsruhe.
Das Geld kann er sich jetzt nur in Bitcoin auszahlen, wobei eine Überweisungsgebühr von 20 US-Dollar anfällt. Sein gesamtes Investment verharrt damit endgültig auf der Plattform. Fast alle Anleger verlieren ihr Investment zu 100 Prozent. Das ist besonders deshalb außerordentlich dreist, da DavorCoin versprochen hatte, die Anleger erhielten nach Ablauf ihres eingezahlten Geldes, das man auch als ein Darlehen an Davor bezeichnen könnte, komplett zuzüglich Zinsen wieder zurück.
Während Davor-Betreiber behaupten, sie könnten für das Desaster und den starken Kursrückgang nichts, vermuten die geprellten Anleger: Der Kurs könne auch vorsätzlich nach unten getrieben worden sein, um Millionen aus dem System zu ziehen und gar nichts mehr auszahlen zu müssen. Entsprechend laufen bereits zahlreiche Strafanzeigen gegen Davor Coin, weiß steuerratschlag.eu.
Hohn und Spott für die Anleger
Spöttisch schreibt das Davor Coin-Team in seiner E-Mail noch, dass es bei diesem Projekt sowohl Gewinner als auch Verlierer gebe. Klar ist: Der große Gewinner kann nur Davor sein. Die Plattform bestand immerhin nach dem Initial Coin Offering im November als Handelsplattform nur knapp 2 Monate. Das heißt: Die Verleihoption gab es gut zwei Monate. Selbst für frühzeitige Anleger blieb damit nicht genügend Zeit, ihr eingesetztes Kapital aus den Zinsen zu schöpfen. Erst recht nicht, wenn man Mitte Januar eingestiegen ist – zu einem Zeitpunkt, als DavorCoin ein durchschnittliches Handelsvolumen zwischen 1 Million und über 6 Millionen US-Dollar täglich aufwies.
Rechnet man das tägliche Umsatzvolumen hoch, könnte die Plattform seit ihrem Bestehen im November 2017 weit über 120 Millionen US-Dollar in Bitcoin umgesetzt haben, da Bitcoin die einzige Kryptowährung war, die die Plattform im Austausch gegen DavorCoin anbot. Wie viel Bitcoin die Betreiber von der Plattform abzogen, bleibt unklar. Angesichts der dramatischen Verluste von teilweise 99,96 Prozent, könnten die Hintermänner einen Betrag von mindestens 100 Millionen US-Dollar erbeutet haben. Geld, das den Anlegern nun fehlt. Möglich ist aber auch ein Schaden von weit über 300 Millionen Euro. „Denn alleine in einem Zeitraum der letzten beiden Wochen des Januar 2018 waren nach meiner Beobachtung täglich zwischen 6 bis 8 Millionen Dollar umgesetzt worden, sagt ein Opfer“.
Die Verachtung und Überheblichkeit des Davor Coin-Teams gegenüber seinen Anlegern kommt noch einmal im letzten Satz ihrer E-Mail zum Vorschein. Dort verspricht man den abgezockten Investoren, dass man noch viele spannende Projekte mit dem Davor Coin vorhabe und die Währung vor einer „rosigen Zukunft“ stehe. [6] Für die Anleger, die ihr ganzes Kapital innerhalb von zwei Wochen verloren haben, ist das ein Schlag ins Gesicht.
Polizeiliche Ermittlungen
Dass die Plattform nur Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptierte, könnte den Hintermännern noch zum Verhängnis werden. Denn schließlich wird jede einzelne Transaktion in der Blockchain festgehalten, um eine Manipulation oder einen Betrug zu verhindern.
In einem ersten Schritt könnten die Polizeibehörden daher die einzelnen Überweisungen nachverfolgen und Zahlungsströme auswerten. Mittlerweile ist es Forschern sogar gelungen, mit einer Wahrscheinlichkeit von bis zu 60 Prozent an die IP-Adressen der jeweiligen Nutzer zu kommen. Für die abgezockten Anleger besteht also durchaus noch Hoffnung, dass man den Betrügern auf die Schliche kommt. [9]
Zum Abschluss stellt sich natürlich die Frage, wie es zu diesem groß angelegten Betrug erst kommen konnte. Während die amerikanischen Behörden bereits gegen Lending-Plattformen wie Bitconnect und Davor Coin ermitteln und Verbraucher warnen, kümmert es die BaFin bislang nicht, was mit dem hartverdienten Geld der Bürger passiert.
Der deutsche Staat möchte zwar am Krypto-Boom mächtig mitverdienen, trägt aber nichts zum Schutz der Verbraucher bei. Hier besteht dringender Nachholbedarf vonseiten des Gesetzgebers vor allem hinsichtlich der Zulassung von Krypto-Coins in Deutschland. Denn trotz der zahlreichen unseriösen Kryptoanbieter gibt es auch mindestens genauso viele seriöse. Jetzt muss die Spreu von Weizen getrennt werden.
United Emirate Coin, UEC – das nächste mögliche Betrugssystem steht schon in den Startlöchern
Doch noch steht ein anderes Projekt am Start, das ganz ähnlich dubios klingt wie der Davor Coin: Der United Emirate Coin, der über unitedemiratecoin.io aufrufbar ist.
steuerratschlag.eu vermutet aber auch hier ein Betrugssystem dahinter. Grund: Das System ist fast identisch mit dem des DavorCoin. Also Finger weg!
Ein Deutscher investierte auf Empfehlung eines Kollegen, der es gut meinte, dort 2000 Euro, also 2500 US-Dollar und zwar, wie beim DavorCoin, mit der Währung Bitcoin. Die entsprechenden Bitcoin-Anteile hatte er von seinem deutschen bitcoin.de-Konto mittels eines Zahlen- und Zeichencodes an die Landingpage des United Emirate Coin übermittelt. Doch jetzt kommt er nicht mehr an sein Geld heran. Grund:
Die Zwei-Wege-Verifikation seines Accounts ist gesperrt. Auf Mails haben die Initiatoren des angeblichen UCE-Coins nie reagiert. Greifen sie also bereits die nächsten 100 oder 300 Millionen Euro ab?
Wir warnen ausdrücklich: lasst die Finger von Plattformen, die von vornherein auf Coins eine astronomische Verzinsung versprechen! Vor allem, wenn sie mit „io“ in der Domain enden. Das ist eine besondere Verschlüsselungstechnik, welche Behörden abhalten soll, den Kriminellen auf die Schliche zu kommen.
Lasst euch auch nicht von solchen Grafiken, die Wachstum versprechen in irgendwelchen dubiosen Whitepapers irritieren oder auf Homepages. Ausnahme: Nur wenn beispielsweise eine offizielle Zulassung vorhanden ist oder beispielsweise ein deutsches nachprüfbares Unternehmen in einen ICO verwickelt ist, kann man möglicherweise darauf vertrauen, dass es sich um keinen Betrugs-Coin handelt.
Jetzt gilt es also, nicht pauschal die ganze Szene zu verdammen, dafür aber eben etwas kritischer auf das Geschäftsmodell zu schauen, bevor man in Kryptowährungen investiert.
Charts zum DavorCoin gibt es hier: coinmarketcap.com/currencies/davorcoin/
Lest am Dienstag Teil 4 der steuerratschlag.eu-Serie: Opfer melden sich zum DavorCoin-Betrug zu Wort.
Einzelnachweise
[1] Daten von Coinmarketcap, in: coinmarketcap.com. Abruf am 08.02.2018.
[2] Davor Coin Whitepaper, in: davor-content.azureedge.net. Abruf am 08.02.2018.
[3] Github Davor Coin Blockchain, in: GitHub.com. Abruf am 08.02.2018.
[4] Davor Coin im Google Play Store, in: play.google.com. Abruf am 08.02.2018.
[5] Changes coming for the Bitconnect system – Halt of lending and exchange platform, in: bitconnect.to. Abruf am 08.02.2018.
[6] Early Capital Release Feature Update – Davor Coin, in: Medium.com vom 25.01.2018. Abruf am 08.02.2018.
[7] DavorCoin Latest Cryptocurrency Platform Hit With Order, in Texas State Securities Board vom 03.02.2018, Abruf am 09.02.2018.
[8] Important Announcement about the Davor Project, in: Medium.com vom 07. Februar 2018. Abruf am 08.02.2018.
[9] Deanonymisation of Clients in Bitcoin P2P Network von Alex Biryukov, Dmitry Khovratovich, Ivan Pustagarov, in: University of Luxembourg. Abruf am 08.02.2018.